"München swingt":Für die Seele

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Die Saxofonistin Carolyn Breuer ist die einzige Frau bei dem Jazz-Festival

Von Oliver Hochkeppel, München

Allein unter Männern - so könnte man den nächsten Auftritt der Saxofonistin Carolyn Breuer überschreiben. Ist sie doch die einzige Frau neben 20 männlichen Musikern bei "München swingt" im Carl-Orff-Saal, dem jährlichen Hochamt für die Freunde des klassischen Jazz. Was ihr selbst gar nicht aufgefallen wäre, hätte man sie nicht darauf angesprochen: "Ehrlich gesagt, ich hasse diese Diskussionen", sagt sie. "Es sollte doch eigentlich selbstverständlich sein, dass es um die Qualität der Musik und das instrumentale Können geht, egal ob schwarz oder weiß, Mann oder Frau. Dass Frauen einen Bonus kriegen, nur weil sie Frauen sind, hab' ich schon immer dick gehabt. Deshalb sehe ich auch die meisten Frauenbands kritisch. Da denke ich mir dann: Das ist wie Paralympics. Deswegen ist mir so ein Abend gerade recht. Von den Männern redet auch keiner darüber, da denkt jeder nur: Ah, die Caro spielt beim Willi. Wie sich's gehört."

Und erst wo sie sich so aufregt, fällt Breuer ein, dass sie im Moment ja "das totale Kontrastprogramm" hat: Im Hofspielhaus spielt sie in "Vom Fliehen und vom Fliegen" nach einer Parabel von Ingeborg Bachmann mit, als Musikerin wie als Darstellerin. "Da sind wir nur Frauen auf der Bühne. Das ist total schön, da hilft jede der anderen, da gibt es keinen Hauch von Stutenbissigkeit, wie ich sie im Jazz schon öfter erlebt habe - auch ein Grund, warum ich fast lieber mit Männern spiele." Dass sie einmal als Schauspielerin auftreten würde, hätte Breuer nie geglaubt. "Aber letztlich macht es keinen Unterschied: Ob ich im Konzert mit meinem Instrument versuche, die Seele des Zuschauers zu erreichen, oder im Theater mit meiner Person und Stimme." Glaubt man den Kritiken, gelingt ihr das im Hofspielhaus mit Bravour. Was am 24. Februar im Künstlerhaus nicht anders sein wird, wenn Breuer dort in der Reihe "Jazz and Beyond" ihr grandioses, nach persönlichen Verlusten entstandenes Orchesterprojekt "Four Seasons of Life" erstmals für ihr Quartett herunterbricht.

Aber zurück zu "München swingt". Mit dem von ihr erwähnten Willi ist natürlich Willi Johanns gemeint, der gerade 84 gewordene deutsche Grandseigneur des Scat-Gesangs. Bei "München swingt" stößt Carolyn Breuer erstmals zu dessen Quartett mit dem Münchner Piano-Professor Tizian Jost, dessen Hochschulkollegen und Spezilisten für klassisches Jazz- Schlagzeug, Michael Keul, und Bassist Andy Kurz dazu. Nicht nur, weil sie diese Rhythmusgruppe bestens kennt, ist Breuer begeistert: "Der Willi inspiriert mich total. Es ist unglaublich, wie jung er auf der Bühne ist, fast ein Teenager. Diese Energie, diese Freude, diese Liebe zur Musik."

Was ihn mit anderen Protagonisten des Abends eint. Dem unerreicht vielseitigen Schlagzeuger Pete York zum Beispiel, der sich mit seinem Quintett wieder einmal vor dem von ihm so verehrten Count Basie verneigt. Und allen voran Trompeter Heinz Dauhrer, der musikalische Leiter des Abends, der nicht nur mit dem Wine and Roses Swing Orchestra ein "Louis Armstrong Jubilee" und zum Abschluss "All That Jazz" feiert, sondern auch ein "Salute" an den unlängst viel zu früh verstorbenen Kollegen Pit Müller (lange Jahre in der Allotria Jazz Band) spielt. Dazu steigt er in dessen alter Band Hotstuff ein. Eindeutig was für die Seele.

München swingt ; Donnerstag, 1. Februar, 20 Uhr, Carl-Orff-Saal, Rosenheimer Straße 15 Carolyn Breuer Quartett ; Samstag, 24. Februar, 20.30 Uhr, Künstlerhaus, Lenbachplatz 8

© SZ vom 30.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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