Media Player:Beam mich hoch!

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William Shatner war einst Enterprise-Captain Kirk. Was er in vier Dokumentationen beschreibt.

Von Kathleen Hildebrand

Lange bevor sie in Filmen, Serien und Technik-Start-ups selbst zu Helden wurden, bevor sie sich als Trolle und Elfen verkleidet im Wald verabredeten und auch noch bevor sie als Flucht vor der widrigen Welt Lichtschwertkampfchoreografien einstudierten, da hatten die Nerds ihre Heimat im "Star Trek"-Universum. Man kann heute, als Nerd wie als Nicht-Nerd, kaum anders auf die Zeit der Enterprise zurückblicken als mit Nostalgie. Auch wenn sie nach wie vor das Vehikel von großem, unterhaltsamem Science-Fiction-Kino ist. Die Enterprise der jüngsten Kino-Blockbuster, der nächste kommt dieses Jahr in die Kinos, trägt zwar dieselbe Kennziffer, und ihr Kapitän heißt James Tiberius Kirk. Doch den Entdeckergeist der Fernsehserien, ihren optimistischen Humanismus, die leuchtende Utopie von einer besseren Menschheit, die hat das Franchise in den Neunzigerjahren zurückgelassen.

Wer sich nach jenen unendlichen Weiten sehnt, kann sich nun für insgesamt 350 Minuten zurückbeamen. Der unermüdliche William Shatner hat in den vergangenen Jahren nicht nur seinen 80. Geburtstag gefeiert, ein Ein-Mann-Stück am Broadway über sein Leben als Captain Kirk inszeniert und vier Alben vollgesungen, obwohl er laut eigener Aussage "überhaupt nicht singen kann". Er hat auch vier Dokumentationen gedreht: über sich selbst und "The Captains" der anderen vier"Star Trek"-Serien, über "Star Trek"-Fans im Allgemeinen und über die wilde Zeit des Neustarts von "Star Trek", als die Enterprise 1987 mit "Das nächste Jahrhundert" an Captain Jean-Luc Picard übergeben wurde.

Captain Kirk außer Dienst: der Schauspieler William Shatner. (Foto: KSM)

Wie sehr es an ein Wunder grenzt, dass es zu einer Fortsetzung der Originalserie überhaupt kam, zeigt "Chaos on the Bridge" mit großer Lust an der Mythen-Entblößung. Nur Tomatenscheiben und Kaffeeweißer habe es als Catering gegeben, die Schauspieler gingen am Set nebenan Essen klauen, weil man bei Paramount kein Geld in eine Produktion investieren wollte, an deren Erfolg niemand glaubte. Auch Patrick Stewart nicht, Mitglied der Royal Shakespeare Company und heute in den Adelsrang erhobener Großschauspieler. Er hätte die Rolle wiederum nie bekommen, wäre es nach "Star Trek"-Erfinder Gene Roddenberry gegangen. Ein Produzent hatte Stewarts monumentalen, britischen Theaterbass auf den Gängen der University of California gehört, wo der gerade einen Lehrauftrag hatte. Er fand: So spricht der Captain der Enterprise! Gene Roddenberry war entsetzt: "Ein kahlköpfiger Engländer wird nicht der neue Captain Kirk!" Stewart wurde trotzdem zum Vorsprechen eingeladen - gemeinsam mit seinem Toupet, das man extra aus London einflog - und das so schlecht saß, dass der neue Kirk am Ende eben doch ein Kahlkopf wurde.

Warum Roddenberry sich umentschied? "Im 24. Jahrhundert", sagte er, "sind Haare völlig unerheblich." Genau diese Unerheblichkeit von Geschlecht, Hautfarbe, Spezies oder sexueller Orientierung führen auch die Fans als Grund für ihre existenzielle "Star Trek"-Liebe an. In einem Sketch der Comedy-Sendung "Saturday Night Live" schleuderte William Shatner 1986 einem Grüppchen als Spock verkleideter, überinformierter Hardcore-Trekkies einmal "Get a Life!" entgegen. Man muss das wörtlich übersetzen, um die ganze Verächtlichkeit, die darin liegt, zu spüren: "Leg dir ein (richtiges) Leben zu!" In seinem gleichnamigen Dokumentarfilm ist Shatner sehr milde mit den Fans und polstert ihre Geschichten mit einer gehörigen Dosis Melodramatik aus. Da kommen Männer zu Wort, die einmal schüchterne Jungs waren, sich in die "Star Trek"-Fantasiewelt flüchteten und beim Star-Trek-Speeddating die Liebe ihres Lebens fanden.

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Am eindrücklichsten ist die Geschichte, die Nichelle Nichols erzählt. Sie hat in der Originalserie die Kommunikationsoffizierin Lieutenant Uhura gespielt - und einen Skandal ausgelöst, als sie, die Schwarze, in einer Folge den weißen Captain Kirk küsste. In der Schlange zu einer Autogrammstunde mit ihr habe ein Skinhead gestanden und, als er an der Reihe war, gesagt: "Ich habe schlimme Dinge getan. Aber Sie in 'Star Trek' zu sehen, das hat meinen Blick auf die Welt verändert. Ich weiß jetzt, dass die Welt für alle Menschen da ist." Ein paar "Star Trek"-Episoden hin und wieder sind also keine schlechte Idee. Der Fernsehsender CBS arbeitet schon an einer neuen Serie.

© SZ vom 20.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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