Literaturdebatte:Suhrkamp legt umstrittenen Titel nicht wieder auf

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Nach harscher Kritik hat sich der Frankfurter Verlag entschlossen, die Rechte an dem unter Antisemitismus-Verdacht geratenen Buch "Nach dem Terror. Ein Traktat" wieder zurückzugeben.

Der Suhrkamp Verlag hat sich von dem umstrittenen Buch des kanadisch-britischen Philosophen Ted Honderich distanziert. Der Verlag werde das unter Antisemitismus-Verdacht geratene Buch "Nach dem Terror. Ein Traktat" nicht wieder auflegen und die Rechte an dem Buch zurückgeben, teilte Suhrkamp am Mittwoch in Frankfurt mit. Das erst im Juli 2003 erschienene Buch ist laut Verlag in erster Auflage bereits vergriffen. Der Verlag bedauerte zugleich, das ihm "die Haltung des Autors zum palästinensischen Terrorismus nicht rechtzeitig deutlich wurde".

Der Direktor des Fritz-Bauer-Instituts in Frankfurt, Micha Brumlik, hatte zuvor schwere Antisemitismus-Vorwürfe erhoben. In dem Buch schreibt Honderich unter anderem: "Ich für meinen Teil habe keinen ernsthaften Zweifel, (...), dass die Palästinenser mit ihrem Terrorismus gegen die Israelis ein moralisches Recht ausgeübt haben."

Seine überraschende Entscheidung begründete Suhrkamp damit, dass Honderich die in seinem "Traktat" geäußerte Position im Internet radikalisiert habe.

Was im Buch noch Zitat sei, mache er sich dort in dem Satz zu eigen: "The Palestinians are right to look back to Fascist Germany and say they are the Jews of the Jews." (Die Palästinenser haben Recht, wenn sie auf das faschistische Deutschland zurückschauen und sagen, wir sind die Juden der Juden). Damit habe Honderich die Ebene zur Erörterung von kontrovers diskutierten Konflikten verlassen.

Brumlik hatte in einem von der "Frankfurter Rundschau" veröffentlichten "Offenen Brief" Honderich "antisemitischen Antizionismus" vorgeworfen, weil er die Ermordung jüdischer Zivilisten in Israel rechtfertige.

Das Interesse an dem mit einer Auflage von 2000 Exemplaren erschienenen Buch sei vor allem durch die öffentliche Diskussion der vergangenen Tage groß geworden, sagte eine Sprecherin des Verlages.

Honderich setzt sich in dem Buch, das in der Jubiläumsreihe "40 Jahre edition suhrkamp" erschien, mit den von ihm verurteilten Terroranschlägen vom 11. September 2001 auseinander.

Als eine Ursache dafür sieht er nach Verlagsangaben die ungleiche Verteilung der Güter auf der Welt. Dabei geht er auch auf den arabisch-israelischen Konflikt und dessen Geschichte ein.

Der Philosoph Jürgen Habermas, der Honderichs Buch dem Verlag empfohlen hatte, verwahrte sich am Mittwoch gegen die Vorwürfe seines "Freundes" Micha Brumlik. Der Frankfurter Philosoph räumte allerdings ein, das "hemdsärmelige Pamphlet" von Honderich enthalte einige Sätze, die sich, "wenn man sie ohne hermeneutische Nachsicht aus dem Zusammenhang der Argumente löst, auch gegen die Intention eines Autors immer für antisemitische Zwecke verwenden" ließen.

Es tue ihm jedoch leid, wenn er es bei seiner Empfehlung des Buches an der gebotenen Rücksichtnahme habe fehlen lassen.

Brumlik hatte kritisierte, dass ausgerechnet ein Verlag wie Suhrkamp, der unter anderem einen Jüdischen Verlag betreibe, "philosophischen Judenhass" publiziere.

Erst im vergangenen Jahr hatte der ebenfalls von Suhrkamp veröffentlichte Roman "Tod eines Kritikers" von Martin Walser wegen Antisemitismus-Vorwürfen zu einer heftigen Debatte geführt.

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