Kurzkritik:Unspektakulär

Ionescos "Nashörner" in der Pasinger Fabrik

Von Ekaterina Kel, München

Ausgerechnet der Alkoholiker behält als einziger den Durchblick. Andreas Seyferths Inszenierung von Eugène Ionescos "Nashörnern" am Theater "Viel Lärm um nichts" zeigt Behringer als Mittelstands-Loser: Acht-Stunden-Büro-Job, Unzufriedenheit, Resignation und viel Whisky sind sein Lebensinhalt. Die übrigen Figuren dagegen gehen geradezu auf in ihrer kleinen Lebenswelt - wie die seltsame Figur des Logikers (Chris Mancin), der den Syllogismus propagiert. Aber bei Ionesco sind ja irgendwie alle etwas seltsam. Andreas Seyferth stellt jedes dieser ulkigen Bühnenwesen mit Liebe zum Detail als Menschen mit Marotten dar.

Eine andere große Stärke der Vorlage ist ihre Sprachmusik, deren Rhythmik die Darsteller insgesamt ganz gut meistern. Die Nebenfiguren erzeugen ein akustische Kuddelmuddel aus Dialog-Fetzen, die sich im nächsten Moment schon wieder verläppern. Das sorgt für wohlwollende Lacher aus dem Publikum. Leider zieht sich der Abend jedoch etwas hin im Einerlei auftretender und abgehender Figuren.

Das Bühnenbild von Peter Schultze ist das Highlight des Abends. Der eigentlich simple Einfall, analog zur klassischen Bühnenmalerei die Szenerie mit weißem Stift auf schwarzem Hintergrund zu skizzieren, wurde durch deren Animation zum Hingucker und sorgte für die ansonsten fehlende Extravaganz dieser Aufführung. Zum Schluss umspülen bedrohliche Nashorn-Geräusche aus dem Off den letzten Menschen, der die Menschheit vor der Vernashornisierung retten will. Doch er ist sehr einsam.

© SZ vom 04.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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