Kurzkritik:Schwedisch für Fortgeschrittene

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Friska Viljor im Strom hätten kaum selbst singen müssen - dank ihrer Fans

Von Jürgen Moises, München

Am Ende also doch noch "Shotgun Sister". Friska Viljor spielen das Lied als allerletzte Zugabe, die dann auch genüsslich zelebriert wird: mit hinausgezögertem Chorus, Bee-Gees-artigem Falsettgesang und dem Alle-Hände-in-die-Luft-Spielchen. Ab da dürften dann wohl auch die letzten Fans im ausverkauften Strom selig und zufrieden sein. Vor allem diejenigen, die die Stunde davor mit kaum etwas anderem verbracht hatten, als "Shotgun Sister!" zu rufen. Als es dann soweit ist, da würde es eigentlich reichen, wenn Joakim Sveningsson und Daniel Johansson ein paar Gitarrenakkorde vorgeben. Denn das Publikum singt das Lied auswendig mit. Eine ähnliche Textsicherheit und Partylaune herrschte auch schon vorher, bei "Tell me" und "Gold" etwa, wie "Shotgun Sister" vom ersten Friska-Viljor-Album "Bravo!". Oder auch bei "On And On" und "Wohlwill".

Einprägsame Wohlfühl-Lieder schreiben, das können die Schweden jedenfalls. Aber sie können auch anders, wie die erste Konzerthälfte zeigte. Da spielten Sveningsson und Johansson fast nur ruhige, melancholische Songs. Sie stammen vom neuen Album, das im Juni erscheinen wird. Dessen Lieder wollten sie schon einmal in der Rohfassung austesten. Das erzählt der mit weißem Käppi wie ein zotteliger Seebär aussehende Sveningsson. Das heißt: ohne Band, weshalb sie nur zu zweit mit Gitarre, Mandoline, Schlagzeug und Piano auf der Bühne stehen. "Dreams" heißt etwa eines der Lieder und handelt davon, wie man als Jugendlicher große Pläne schmiedet, bis einem das Leben irgendwann dazwischen kommt. Eine Anspielung darauf, dass beide inzwischen Familienväter sind?

Ein paar schnellere neue Nummern gibt es dann auch. Mit denen leiten die Schweden zu den alten Stücken über. Johansson mutiert mit Schlagzeug und Gitarre zur Ein-Mann-Band, die Stimmung steigt Lied für Lied an. Der Karaoke-Abend kann beginnen, bis er mit dem alle selig machenden "Shotgun Sister" seinen Höhe- und Endpunkt findet.

© SZ vom 12.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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