Kurzkritik:Schlaraffenkinder

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50 Jahre Ballett-Akademie im Prinzregententheater

Von Rita Argauer, München

Seit 50 Jahren kann man in München Tanz studieren. Ein guter Grund für eine etwas ausufernde Gala im Prinzregententheater. So wird in einem Marathon von fast vier Stunden versucht, die komplette Bandbreite der Ballett-Akademie zu zeigen; wobei die ganz klassische Kindermazurka aus Alexei Ratmanskys Rekonstruktion von Petipas "Paquita" auf eine Uraufführung trifft, für die unter anderem Hochschulpräsident Bernd Redmann die Musik komponierte.

Den Anfang macht aber ein akademisches Potpourri auf Prokofjews "Symphonie classique". Alle Studierenden geben in einer Choreografie von Studiengangsleiter Jan Broeckx und Kirill Melnikov dabei einen stilisierten Eindruck ihres Trainingsalltags. Die Schrittfolgen sind zwar zum Teil etwas hölzern, doch sie demonstrieren auch klar, aus wie vielen kleinen Schritten sich die klassische Technik aufbaut, damit sie letztlich solch beeindruckende Bewegungen hervorbringen kann, wie sie die Alumni und die fertigen Tänzer der Junior Company des Bayerischen Staatsballetts zeigen. Die lässt Broeckx immer wieder fast trophäenartig über die Bühne schweben; und das kippt leider auch ab und an etwas ins artistische Schaulaufen - der Grat zwischen Kunst und Technik ist schmal im klassischen Ballett. Bei den Variationen aus "Don Quixote" etwa, deren Choreografie an sich schon viel Zirkuspferdchen-Potenzial hat, haben Jurgita Dronina und Vadim Muntagirov kaum eine andere Möglichkeit, als auf das "Zeigt-her-Eure-Füße"-Spiel einzusteigen.

Ganz anders ist das in der Uraufführung, in der die verschiedenen Abteilungen der Hochschule ineinander greifen: So spielt das hochschulintegrierte Ensemble Oktopus die extra für den Abend komponierte Musik, während Schüler fast aller Ausbildungsstufen in einer Choreografie von Kirill Melnikov Werke der Bildenden Kunst aus den Münchner Sammlungen vertanzen. Und da sind tolle Momente: Etwa der sportive Jogger-Faun nach einem Bild von Arnold Böcklin, der geschickt auf Nijinskys berühmten "L'aprés-midi d'un Faun" verweist, aber dennoch ein völlig eigenes und modernes Bild davon zeichnet. Oder die tanzenden Speisen, die ebenfalls in der Tanzgeschichte ihre Tradition haben, und sich in Pieter Bruegels "Schlaraffenland" wiederfinden. Ein paar weniger Hochglanz-Manegen und Fouetté-Artistik drumherum, hätten dem Abend dennoch insgesamt gut getan.

© SZ vom 19.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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