Kurzkritik:Magische Klänge

Afrika als Schwerpunkt des Adevantgarde-Festivals

Von Klaus P. Richter, München

Wer in der Polyphonie der Musikmoderne zwischen Donaueschingen, Musica viva und Biennale nach Nischen sucht, kann manche finden. Eine davon ist das Münchner Adevantgarde-Festival. Schon das musikalische Stilambiente im Gründerkreis vor 26 Jahren versprach eigene Wege jenseits der prominenten Avantgarde-Lager. Auch das 13. Festival hat bei zwei Konzerten in der Allerheiligen-Hofkirche wieder Profil gezeigt. "Humus" und "Wurzeln" waren seine programmatischen Devisen, die im Klavierrezital mit dem italienischen Pianisten Jacopo Salvatori zu Beginn thematisiert wurden: mit den artigen Suiten-"Minuets" des Barockkomponisten Ignatius Sancho. Der war 1729 auf einem Sklavenschiff zur Welt gekommen. Damit war man elegant bei "Afrika" als Schwerpunkt des Konzerts.

Unter der Komponistenszene von Ghana und Nigeria mit interessanten Stücken von Akin Euba, Joshua Uzoigwe, Bangambula Vindu, Joseph Nketia, Bongani Ndoana-Breen und Nkeiro Okoye ragte die Uraufführung des in der Schweiz lebenden Nigerianers Charles Uzor heraus. In seinem "Spleen/Mimicri for piano and tape" dialogisierte Pianist Salvatori in rhythmischen Patterns und Loops mit den Zuspielungen. Faszinierend: die Resonanzklänge des Flügels, ausgelöst durch den darauf gestellten Lautsprecher mit Klängen vom Band.

Auch das zweite Konzert hatte einen nahezu exotischen Schwerpunkt: das germanische Hildebrandslied. Die Ensembles "risonanze erranti" und "Schwerpunkt" unter souveräner Leitung von Peter Tilling zauberten magische Klänge und bizarre Klangkonstellationen in den tragischen Vater-Sohn-Konflikt des Epos, der Tenor Roman Payer, Bariton Timothy Sharp und Altistin Verena Usemann sorgten für intensive vokale Dramatik. Höhepunkte waren das musikantisch-inspirierte "Dramolett" des Teheraners Arash Safaian und die dramatische Dialektik von Rezitation und Gesang in "Bargadi. Ásmundar og Hildibrands" von Alexander Strauch, beides Uraufführungen.

© SZ vom 15.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: