Kurzkritik: Klassik:Sanfte Träume

Das BR-Symphonieorchester spielt tschechische Komponisten

Von Barbara Doll, München

Satirische Traumwelten, fromme Demut, expressives Schlachtengetöse: Das Programm des BR-Symphonieorchesters mit Werken tschechischer Komponisten ist äußerst vielfältig. Mit Bohuslav Martinůs Serenade Nr. 2 eröffnet das Orchester in Kammerbesetzung: Auf kleinstem Raum vereint das Stück neoklassizistische Ordnung und böhmisch-rustikalen Volkston, was die Musiker mit Leichtigkeit umsetzen.

Die Suite aus Leoš Janáčeks Oper "Die Ausflüge des Herrn Brouček" klingt, als blicke man durch ein wundersam buntes Kaleidoskop. Sanfte Wattebausch-Träume der Streicher illustrieren die Mondatmosphäre, in der sich Brouček, eine Mischung aus Oblomow und Schwejk, nach durchzechter Nacht im Traum wiederfindet. Unter Jiří Bělohlávek kreieren die Musiker mit akkurat artikulierten Soli eine schillernde Landschaft aus Janáčeks sprechender Musik - ohne übertreiben zu müssen. Mit Brouček nahm Janáček die Pseudopatrioten seiner Zeit aufs Korn. Das Orgel- und Glockenpathos im Choral der Hussiten erzielt seine satirische Wirkung auch ohne Ausrufezeichen.

Mit innigem Ausdruck singt Mezzosopranistin Magdalena Kožená die zwischen Bitte und Lobpreis changierenden "Biblischen Lieder" von Antonín Dvořák. Das Orchester unterstützt nur sanft und nüchtern, die Konzentration liegt ganz auf dem Ausdruck des tschechischen Texts, dessen Stimmung die Sängerin mit ihrem warmen Timbre präzis auf den Punkt bringt: introvertiert und weich im Flehen, überschwänglich und stark im Lobpreis, der wie ein Liebeslied klingt.

Als Rausschmeißer fegt Janáčeks Kosakenheld Taras Bulba durch die Philharmonie. Krieg, Tod und Sehnsucht malt das Orchester in grellen Farben aus, ohne an Transparenz einzubüßen. Transzendente Zuversicht beschließt das Werk - wieder mit mächtigem Orgel- und Glockenpathos.

© SZ vom 29.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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