Kurzkritik Klassik:Kleine Störfeuer

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Daniel Barenboim mit Schubert in der Philharmonie

Von Klaus Kalchschmid, München

Werke für Klavier solo passen in die für groß besetzte Orchesterwerke durchaus ideale, enorm trennscharfe Akustik der Philharmonie kaum. Handelt es sich dann noch um Fragiles von Franz Schubert, gerät auch ein Daniel Barenboim schnell an seine Grenzen - sei es, dass Pianissimi selbst vorne in Block C kaum hörbar sind oder Fortissimo-Passagen allzu kalt und hart klingt.

Bei seinem dritten Schubert-Abend in München kam erschwerend hinzu, dass viele Konzertbesucher leider noch immer nicht wissen, wie man (wirklich notwendiges) Husten mit Taschentuch oder Ärmel dämpfen kann, damit es sich nicht wie Gewehrsalven in Dolby-Surround anhört und jede leise Stelle zudeckt; von der Konzentration ganz abgesehen, die das Gehuste empfindlich stört. Als nach der Pause zumindest während der Sätze endlich Ruhe einkehrte, klingelte dafür ein einziges Handy immer wieder vorlaut.

Leider war Daniel Barenboim bei den ersten Sonaten - der klassizistischen in Es-Dur D 568 von 1817 und der dreisätzigen in a-Moll D 568 von 1822 - auch nicht in Bestform. Der Zauber seiner schönen CD-Gesamteinspielung von 2014 wollte sich, etwa im Kopfsatz der a-Moll-Sonate, nicht recht einstellen, manches war klanglich indifferent, metrisch diffus und rein manuell verwaschen - wie die Terzen-Läufe im Finale derselben Sonate.

Bei der großen, 40 Minuten dauernden "Gasteiner Sonate" (D 850) von 1825 nach der Pause war (fast) alles im Lot. Schon der majestätische Beginn dieser D-Dur-Sonate mit seinen gemeißelten Akkorden, aber auch der folgende helle Fluss gelangen bestechend. Der umfangreiche, kantabel langsame und doch "con moto" zu spielende, auch rhythmisch reiche und schließlich herrlich in seinen Melodien verzierte E-Dur-Satz gelang wunderbar; ebenso das gewichtige Scherzo mit seinem Trio voller harmonisch kühner Akkord-Rückungen, die Barenboim mit feinen Verzögerungen sanft betonte, und das oft graziöse, luftige Finale.

© SZ vom 22.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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