Kurzkritik Klassik:Donnernde Kraft

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Die Pianistin Sophie Pacini im Prinzregententheater

Von Rita Argauer, München

Starke Akzente und vielleicht auch so etwas wie Inbrunst sind bei der jüngeren Generation klassischer Musiker ein wenig aus der Mode geraten. Denn auch der Klassik-Markt wird voller, die meisten Nachwuchskünstler sind so zu Beginn ihrer Karriere meist darauf bedacht, sich mit lupenreinem Spiel erst einmal einen Platz in der Szene zu erklimpern, bevor in einem zweiten Karriereschritt Eigenheiten entdeckt werden. Nicht so die Münchner Pianistin Sophie Pacini. Die 25-Jährige hat im vergangenen Jahr ihr Major-Debüt-Album veröffentlicht. Darauf Beethovens Waldstein-Sonate und Liszt. Der Stil dieser Stücke ist bei ihr Programm: Pacini setzt auch im Konzert im Prinzregententheater auf donnernde Kraft, auf starke Betonungen und auf eine emotionale Interpretation.

Doch man kommt dieser Künstlerin nicht nahe genug, sieht man in ihr schlicht die junge weibliche Version des antiquierten Tastentitans. Denn Sophie Pacini weiß ihre Kraft zu dosieren, sie kann samtweiche Akkord-Passagen genauso introvertiert spielen, wie sie das klopfende Bassmotiv im Kopfsatz der Waldstein-Sonate als dramatische Unruhe nach vorne holt. Doch während im Finale dieser Sonate im Konzert ihre Kraft in rasenden Läufen ein wenig den Anschluss an den Rest des Stücks verliert, zeigt sie zuvor in Chopins Scherzo Nr. 2, wie bereichernd es ist, dass sie die Interpretation des romantischen Dramas vor den Willen zum ewigen Schönklang setzt. Gerade in diesem Stück geht sie an die Kanten der harmonischen Phrasierung und präsentiert eine die Gedanken verrückende Härte, die sie in den zwei Nocturnes zu Beginn schon andeutete.

Mit den ersten drei Consolations von Liszt und dessen "Réminiscences de Don Juan" zeigt Pacini diesen dann in seinen beiden extremsten Ausprägungen. Bei den Consolations setzt sie durch eine starke Betonung der Mittelstimme klanglich auf Zurückhaltung, um die Mozart-Paraphrasen anschließend virtuos in den Höhen hinauszuschlagen. Durchaus verführerisch spielt sie die Variationen über "Là ci darem la mano". Dass sie dabei nie in anbiedernde Koketterie verfällt, zeugt von großem Selbstbewusstsein. Sophie Pacini mit einem weniger eingängigen Programm zu hören, dürfte spannend werden.

© SZ vom 09.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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