Kurzkritik Kabarett:Himmelwärts

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Werner Winkler, Herman van Ulzen, Martin Politowski und Franziska Janetzko (von links). (Foto: Dieter Schnöpf)

"Götterdämmerung" in der Drehleier

Von Thomas Becker, München

Herman van Uelzen hat in diesem "absurden Kammerspiel zwischen Himmel und Hölle", bei dieser "emotionalen Geisterbahnfahrt", mit Abstand den besten Job erwischt. Der Niederländer in der Rolle des leicht durchgeknallten Schauspielers darf dem Affen Zucker geben, hat die besten Gags abbekommen und macht sich beim Publikum beliebt mit ein paar nett verhohnepipelten Klassiker-Zitaten. Mehr als einmal bekommt er Szenenapplaus. Als er seinen zwei Kombattanten schließlich seinen Beruf erklärt ("Ich bin Schauspieler. Und Regisseur. Autor. Dramaturg. Bühnenbildner. Kostümbildner. Maskenbildner"), scheint jedoch ein anderer zu sprechen: Werner Winkler. Mit Martin Politowski, dem Dritten im Bühnenbunde, hat der chronische Allesmacher unter den Münchner Kleinkünstlern die neue Drehleier-Eigenproduktion "Götterdämmerung" geschrieben, inszeniert, auf die Bühne gewuppt und überhaupt. Fast schon ein Wunder, dass er in der Pause nicht auch noch kocht, Klavier spielt und Bier an die Tische trägt.

Das wievielte Werk aus der Feder des Muh-Mitbegründers (1972!) dieses tragisch-komische Stück nun ist, lässt sich auch an einem halben Dutzend Händen nur schwer abzählen. Diesmal also eher leichte Muse statt bitterböse Satire, gepflegte Unterhaltung statt vogelwildem Varieté oder herber Gesellschaftskritik. Wobei: Der Sitznachbar prustet und gurgelt eineinhalb Stunden lang in einem fort, und das an Stellen, wo der Witz gut versteckt ist und die Pointe noch fern. Ob's an seinem Kellerbier liegt?

Die Story: Drei Selbstmörder treffen sich im Fünf-Sterne-Elysium vulgo Himmel, werden mit dem Aufzug aber wieder nach unten geschickt, da sie ihre Lebensreise vorzeitig abgebrochen haben, wodurch laut Satzung des Reiseveranstalters die Elysium-Buchung storniert wird - es sei denn, sie schaffen es, auf Mutter Erde Gutes zu tun. Und so landen van Ulzen, Politowski und Winkler im Männerwohnheim und bei der Sozialpädagogin Ruth Fröhlich, gespielt von Franziska Janetzko. In der Folge geht es um Mantra-Eier, Kronen-Chakra, morphische Felder und den etwas anderen Banküberfall. Dass die Rettung vor der drohenden Zwangsversteigerung dann aus der Kühltruhe kommt, ist nur logisch, ebenso wie die Tatsache, dass die drei Himmelsstürmer nun doch ganz gern bleiben würden. Aber da kennt das Elysium keine Gnade (noch bis 20. Mai in der Drehleier).

© SZ vom 13.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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