Kurzkritik:Dunkler Humor

Lesezeit: 1 min

Simon Pearce mit "Allein unter Schwarzen" im Lustspielhaus

Von Thomas Becker, München

Allein die Zugabe, die eigentlich gar keine ist, aber egal: Neulich spielte Simon Pearce, Sohn eines Nigerianers und einer bayerischen Volksschauspielerin, den Dris in der Komödie "Ziemlich beste Freunde" in Siegen. Nach der umjubelten Premiere ist der Bürgermeister vor allem von den akrobatischen Einlagen beeindruckt. Woher er das könne? Schauspielschule, sagt Pearce, aber der Politiker wiegelt ab: Da könne man so eine Geschmeidigkeit doch gar nicht lernen. Und dann geht es mit Pearce wieder durch: Naja, das komme natürlich von der Antilopenjagd . . . Riesengelächter im Lustspielhaus. Pearce sagt: "Ihr lacht wenigstens! Der Bürgermeister hat nicht gelacht, sondern 'Ach so' gesagt." Willkommen bei "Allein unter Schwarzen", dem ersten Solo-Programm des Comedian aus Puchheim!

"Stand up Kabarett" nennt der Mittdreißiger sein erstes abendfüllendes Opus, mit Betonung auf Stand up. Pearce lädt seine im witzigen Gewand daherkommenden Beobachtungen zu Diskriminierung und Alltagsrassismus mit Bedeutung auf, er will nur spielen. Aber was heißt "nur"? Der Prince Charming mit dem "Warum denn so ernst?"-T-Shirt hat so viel Spaß am Spiel, dass man ihm gern dabei zusieht, auch wenn er die aktuellen Ungeheuerlichkeiten, die in sein Thema hineinlappen, ausblendet, abgesehen vom finalen "Nigger-Witz". Pearce ist weit weg vom politischen Kabarett, erzählt vielmehr von daheim, von den Schwierigkeiten, als Spross deutsch-nigerianischer Eltern in einer bayerischen Grundschule Freunde zu finden ("Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?"), von Gangsta- und Eddie-Murphy-Phasen und von dem "Kanaken-Freund" ("Sprich nicht so über deine Mutter, du Hurensohn!"). All das mag angesichts des erdenschweren Themas verharmlosend und banal klingen, macht aber Spaß.

Als Pearce die erste Nervosität überwunden hat, sprudelt und tanzt und schauspielert es nur so aus ihm raus, dankbar nimmt er jede Interaktion mit dem Parkett wahr, und von der Bühne geht er am Ende nur, weil er wirklich keine Zugabe mehr hat. Außer der Antilopen-Schote aus dem richtigen Leben. Heia Safari!

© SZ vom 04.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: