Kurzkritik:Charmant

Charlie Winston schafft Hallenatmosphäre im Strom

Von Ralf Dombrowski, München

Die Musik von Charlie Winston ist für größere Hallen gemacht. Die Arrangements sind wirkungssicher kompakt geschrieben, Solistisches wird minimiert und eher als Klangfarbe denn als instrumentales Muskelspiel eingesetzt. Die Lieder des Sängers, Songwriters und Gitarristen haben Ohrwurmqualitäten und passen sich elegant in den gerade noch aktuellen Trend des folkrockig Handgemachten ein.

Winston selbst wirkt präsent, charmant, schafft es mit ein paar kumpelhaften Gesten und etwas Pathos, das Strom bereits in den ersten Minuten für sich zu gewinnen, ganz der Spross einer Musiker- und Gastronomenfamilie, der von Kindesbeinen an daran gewöhnt ist, mit Publikum unterschiedlicher Couleurs umzugehen. Denn der pfiffige Brite hat die Spielhaltungen und Gestaltungskniffe der fortgeschrittenen Popmusik internalisiert und außerdem seine Band souverän und freundlich leitend im Griff. Er leistet sich sogar ein paar dramaturgische Extravaganzen, schickt etwa im Anschluss an den im Spannungsbogen sorgsam vorbereiteten Hit "Like a Hobo", den man als Ende des Konzerts erwartet hätte, noch sein wuchtiges Rockstück "A Light (Night)" hinterher, um dann nach einem weiteren Zugabenblock und zwei Stunden Songpower das dampfende Publikum nach Hause zu schicken.

Will man überhaupt etwas meckern, dann an gelegentlichen Intonationsfreiheiten, wenn Winston im Eifer des Entertainment-Gefechts sehr aus sich herausging. Unterm Strich aber war es ein perfektes Hallenkonzert im kleinen Rahmen. Und damit ein Luxus.

© SZ vom 04.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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