Kurzkritik:Alter Herr, junge Königin

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Al Jarreau und Ester Rada zum Jazz-Sommer-Ende

Von Oliver Hochkeppel, München

Er ist halt auch mit 75 ein Show-Man vom alten Schlag, der große Al Jarreau. So lacht, grinst und plaudert er los, schäkert mit dem Publikum, das sich zahlreich zum Abschluss des "Jazz Sommers" im Festsaal des Bayerischen Hofes versammelt hat. All das bereits in jenem brodelnden Singsang und mit jenen Scat- oder Vokalise-Einlagen, die so nur er kann und für die er berühmt geworden ist. Der Gesang ist es wohl, der ihn frohgemut weitertreibt, obwohl er die Stufen zur Bühne nicht mehr alleine geschafft - seit Jahren zwickt es im Rücken und im Knie. Der ihn wie eh und je zur Party treibt mit seinen größten Hits, von "Mornin'" über "We're In This Love Together" oder "High Crime" bis zum unerschütterlichen Serien-Soundtrack "Moonlighting".

Der war das beste Beispiel für den vom "musical director" Joe Turano gepflegten Achtzigerjahre-Sound mit typischem David-Sanborn-Saxofon, weichen Keyboard-Flächen und Funk-Bass. Alles sauber gespielt, aber auch ein bisschen bieder und risikolos, zumal der eigene Tontechniker diesen Sound auch noch völlig undynamisch verplätschern ließ. Schwerer freilich wog, dass statt Jarreaus üblicher Personality-Show eigentlich seine Hommage an den verstorbenen alten Freund George Duke angekündigt war. Aber gerade mal den Titelsong gab es.

So war es fast mehr im Sinne des alten Funk- und Fusion-Masters George Duke, was - leider mit ordentlicher zeitlicher Überschneidung - dann unten im Nightclub ablief, bei der spektakulären Deutschland-Premiere der israelischen Sängerin Ester Rada. Erlebte man doch grandiosen Neo-Soul, von einer phantastischen siebenköpfigen Band eklektisch (vom Afrobeat bis zum Ska), aber doch absolut geradlinig auf den Punkt gespielt. Lange hat man kein so funkiges und soundverliebtes Keyboard mehr gehört, oder drei Bläser, die messerscharfe Riffs mit orientalischen Verzierungen verbinden können. Und über allem thront Rada mit ihrer rasant ansprechenden, vom Glockenklang bis zum Donnergrollen variablen Stimme, ihrem Charisma, ihrem Bewegungstalent und ihrem Gefühl. Noch eine echte Entdeckung bei diesem "Jazz Sommer", dem insgesamt vielleicht besten seit dem Ende des "Klavier Sommers".

© SZ vom 28.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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