Kunstwochenende:Großes Ringen

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Die Münchner Galeristenszene versucht sich international wieder besser zu positionieren. Es ist ein guter Anfang, aber es bleibt noch viel zu tun

Von Evelyn Vogel

Am späten Freitagabend war die Welt fürs Erste in Ordnung. Und das lag nicht nur daran, dass man anlässlich des Kunstwochenendes bei herrlichstem Sommerwetter vor der Lieblingsbar aller Münchner am Odeonsplatz stand. Vor allem lag es daran, dass sich zwischen Künstlern, Galeristen, Sammlern, Museumsdirektoren und -kuratoren sowie den Gästen der Münchner Galerien die angeregtesten Gespräche entwickelt hatten. Die drehten sich zuallererst um die Kunst und das Programm des Wochenendes. Doch natürlich fragte man sich am Rande auch, wie sich das politische Thema des Tages - der Brexit - auf den künstlerischen Austausch und die geschäftlichen Aktivitäten der Galerien mit England auswirken wird. Und der eine oder andere machte sich auch Gedanken über das andere wichtige Thema der Woche - das eben beschlossenen Kulturschutzgesetz.

Zuvor, auf den Vernissagen des Kunstwochenendes, war es nach etwas zögerlichem Anlauf schließlich fast überall recht voll geworden. Und wo die Galeristen keine Mitarbeiter hatten, denen sie das Feld überlassen konnten, hatten einige sogar Mühe, pünktlich um 21 Uhr zu ihrem eigenen Empfang für 200 Gäste zu kommen und trudelten mitunter erst ein, als das Flying Buffet sich schon dem Ende zuneigte.

Womit schon ein Umstand angerissen wäre, der die Münchner Galeristenszene bestimmt. Viele der Galeristen sind Einzelkämpfer ohne großes Team. Die persönlichen Kontakte zählen vor allem bei älteren Kunstsammlern noch ungeheuer viel. Die geringe Manpower reicht für das normale Geschäft zwar oft noch aus. Da aber auch die gesamte Organisation des Kunstwochenendes nur von den beteiligten Galerien im Nebenbei auf die Beine gestellt wird, allen voran von Barbara Gross und Matthias Kunz, geraten manche bis zum Start gewaltig unter Druck.

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(Foto: Florian Peljak)

Zum Empfang des Münchner Kunstwochenendes waren 200 Gäste ins Schumann's geladen.

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(Foto: Florian Peljak)

Die Organisatoren Barbara Gross und Matthias Kunz mit Haris Epaminonda, Karsten Löckemann, Kurator der Sammlung Goetz, und Galerist Johannes Sperling

Die Idee ist gut, die Umsetzung an manchen Stellen holprig, das Ergebnis erfreulich, aber durchaus verbesserungsfähig. So könnte man daher kurz und knapp das diesjährige Kunstwochenende in München zusammenfassen. Die Idee ist, dem Standort München im Bereich der zeitgenössischen Kunst über den musealen Bereich hinaus international wieder mehr Bedeutung zu verschaffen. Wer wäre in den 1960er und 1970er Jahren mindestens national, vielfach sogar international um die damalige Galeriemeile Maximilianstraße und damit um die Münchner Szene herumgekommen? Doch heute kämpfen die Galeristen mitunter schon um ihre regionale Bedeutung. Gute internationale Kontakte, vor allem über Messebeteiligungen, war deshalb ein ausschlaggebendes Kriterium für die Teilnahme am Kunstwochenende.

Von den etwa 60 im Münchner Verband organisierten Galerien öffneten schließlich 17 ihre Dependancen, bis auf wenige Ausnahmen alle mit ganz frischen Ausstellungen. Zwei der Platzhirsche - Schöttle und Storms - sind dieses Jahr nicht dabei und eine von den jüngeren, heftig umworbenen, weil international bestens vernetzten - Deborah Schamoni - ebenfalls nicht. Bei den einen hieß es, keine Lust, bei den anderen Kollision mit anderen Terminen. Hier mag sich das Wochenende mit den Opernfestspielen zwar gut eignen, wer aber beispielsweise auf der Messe in Basel war - ob auf der "Art" oder wie im Falle von Schamoni auf der assoziierten "Liste" -, hat Mühe, eine Woche später zu Hause eine neue Schau zu präsentieren. Auch hier stößt die One-Man- oder One-Woman-Show schnell an Kapazitätsgrenzen.

Ein Werk von Stefan Kern im Projektraum Knust x Kunz +. (Foto: Stefan Kern)

Für den aktuellen Termin hat man sich auch deshalb entschieden, weil man auf Synergieeffekte mit den Opernfestspielen und dem Filmfest hofft. Die Möglichkeit, potente Sammler mit einem erweiterten kulturellen Angebot zu locken oder den ein oder anderen Festspielgast zu einem Galeriebesuch zu verleiten, leuchtet ein. Ob die Rechnung aufgeht, bleibt abzuwarten.

Fest steht, den Galerien ist es gelungen, einige Sammler aus Deutschland zum Kunstwochenende nach München zu holen. Doch was die Internationalität anlangt, bliebt man zum Auftakt hinter den Erwartungen zurück. Da blickt man als nächstes in die unmittelbare Nachbarschaft nach Salzburg und hofft, dass manche der dortigen Festspielbesucher im Juli oder August noch einen Abstecher nach München machen. Denn die meisten der Ausstellungen laufen den Sommer über.

Dass etliche Münchner Privatsammler ausgewählten Gästen Zutritt zu ihren Schätzen gewährten, war eine schöne Geste und zeigt die Verbundenheit in der Szene. Die wurde beispielsweise auch von Matthias Mühling vom Lenbachhaus und Bernhard Maaz von den Staatsgemäldesammlungen durch ihre Teilnahme am Galeristenempfang demonstriert. Auch der eher öffentlichkeitsscheue Udo Brandhorst schien sich im Kreise der Münchner Kunstmeute durchaus wohlzufühlen.

Eine Arbeit von Haris Epaminonda (bei Gross). (Foto: Courtesy Epaminonda and Rodeo, London)

Die am Kunstwochenende beteiligten Galerien werden in ihrem Resümee gut daran tun, ehrlich über Stärken und Schwächen zu diskutieren. Beispielsweise darüber nachzudenken, ob man die Organisation nicht professionalisieren muss - wie das manche schon jetzt laut tun. Und obwohl das Ausstellungsprogramm bei weitem nicht im lokalen Sumpf dahindümpelt, sondern viele internationale Künstler zeigt, könnte man sich fragen, ob es Sinn machen würde, in einer gemeinsamen Anstrengung für den Auftakt einen internationalen Star aufs Parkett zu holen, von dem alle profitieren. Oder wäre das zu viel der Eventisierung?

Fest steht, davon dass die ganze Kunstwelt vom Münchner Kunstwochenende spricht, ist man noch weit entfernt. Aber auf halbem Wege aufzuhören, wäre auch keine Alternative, wenn man in der Konkurrenz mit Berlin nicht noch weiter zurückfallen möchte.

© SZ vom 27.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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