Kulturerbe:Polizisten und Pyramiden

Lesezeit: 2 min

Wie sicher sind die Kulturschätze Ägyptens vor Terroranschlägen? Zahi Hawass, der bekannteste Archäologe des Landes, sagt: sehr sicher. Er hat aber auch ein sehr freundliches Verhältnis zum Präsidenten.

Von Paul-Anton Krüger

In Syrien und in Irak verwüstet die Terrormiliz Islamischer Staat das kulturelle Erbe der Region, ja der Welt, Zeugnisse großer Zivilisationen. Zuletzt sprengten die Dschihadisten in der syrischen Oasenstadt Palmyra bedeutende Tempel und Grabtürme. In Ägypten dagegen seien die antiken Monumente vor islamistischen Bilderstürmern sicher, sagt jetzt Zahi Hawass, der bekannteste Archäologe des Landes. "Ägypten ist in diesem Punkt heute ein komplett sicheres Land. Wir verfügen jetzt über eine entschiedene Regierung, einen starken Präsidenten, und Ägypten ist das stärkste Land der Region. Das bedeutet, dass unsere historischen Monumente in sicheren Händen sind", ließ Hawass in einem Gespräch mit Deutschlandradio Kultur anlässlich der Vorstellung seines neuen Buches "Magie der Pyramiden" wissen. Der Mann steht bekanntermaßen gut mit Staatschef Abdel Fattah al-Sisi.

Direkte Angriffe auf die Kulturschätze am Nil sind bislang nicht bekannt geworden. Attacken von Terroristen in der Nähe von Sehenswürdigkeiten hat es dagegen mehrere gegeben. Im Juni töteten Polizisten auf dem Parkplatz vor dem Karnak-Tempel in Luxor einen Selbstmordattentäter und einen weiteren Angreifer, der eine automatische Waffe trug. Ein dritter Terrorist wurde verletzt. Die Männer hatten es offenbar nicht auf den Tempel abgesehen, sondern auf Touristen. Kurz zuvor waren zwei Polizisten in unmittelbarer Nähe der Pyramiden von Gizeh erschossen worden.

Kairo braucht den Tourismus, die Welt braucht die Denkmäler

Die Sicherheitskräfte versuchen, den lokalen Ableger des "Islamischen Staates", der im November aus der Terrorgruppe Ansar Beit al-Maqdis hervorgegangen war, im Nordsinai zu isolieren. Jedoch haben sich jüngst Dschihadisten im Namen des "Islamischen Staates" zu zwei Attentaten mit schweren Autobomben auf das italienische Konsulat in Kairo und ein Hauptquartier der Sicherheitsbehörden im benachbarten Shubra al-Khaima bekannt, die genug Sprengkraft gehabt hätten, um auch Kulturdenkmäler schwer zu beschädigen. Bei einer ähnlichen Attacke auf das Polizeihauptquartier in Kairo, zu der sich Ansar Beit al-Maqdis bekannte, war im Januar 2014 das gegenüberliegende Museum für Islamische Kunst schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. Das Katharinenkloster auf dem Sinai, Unesco-Welterbe und Sitz einer der kostbarsten Handschriftensammlungen der Welt, stellt sich auf eine Bedrohung durch die Extremisten ein. An den Straßen seien zusätzliche Checkpoints eingerichtet worden, teils würden Fahrzeuge von der Polizei eskortiert, sagte der Klosterbibliothekar Father Justin der Agentur KNA.

In Syrien und Irak beherrscht die Terrormiliz weite Landstriche. Über Tage und Wochen können die Kultur-Nihilisten ihre Frevel dort vorbereiten, um sie dann aufwendig zu Propagandazwecken zu filmen. In Ägypten sind sie davon bislang weit entfernt. Doch könnten historische Monumente auch hier ihr Ziel werden. Die Dschihadisten träfen damit nicht nur, was sie für Zeugnisse des Götzendienstes und also vernichtenswert halten, sondern auch den Tourismus, eine der wichtigsten Einnahmequellen Ägyptens.

© SZ vom 09.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: