Kritik:Von der Straße

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Das Stuttgarter Duo "Kids of Adelaide" blufft nicht nur mit dem Namen

Von Dirk Wagner, München

"Wer kennt Bob Dylan?" fragt Benjamin Nolle vom Stuttgarter Duo Kids of Adelaide. Erschreckend wenige Konzertbesucher im Strom bestätigen nun mit Handzeichen oder kleinlautem Jubel, dass sie zumindest mal etwas gehört hätten von dieser doch recht bedeutenden Persönlichkeit der Musikgeschichte. Vor allem in der Singer-Songwriter-Szene, in der sich die ehemaligen Straßenmusiker seit über fünf Jahren bewegen, sollte Dylan ja eigentlich bekannt sein. Aber vielleicht ist den Zuschauern auch nur die Frage zu bescheuert, um darauf zu reagieren. Andererseits demonstrieren sie sogar Interesse, als Nolle ihnen erklärt, dass das Wort "dance" ein englisches sei, und dass dieses auf deutsch "tanzen" heiße. Sie glauben der Zwei-Mann-Band danach sogar, dass das mit solcher Übersetzungshilfe anmoderierte Stück "One More Dance" vom neuen Album "Black Hat And Feather" tatsächlich zum Tanzen geeignet sei, nur weil Severin Specht, der andere Sänger und Gitarrist, dazu einen monotonen Beat in eine Kickdrum stampft. Diesen Rhythmus wird die Band übrigens mit gelegentlichen Abweichungen für den Rest ihrer Show beibehalten.

Selbst in jener Bob Dylan-Nummer, die die Kids of Adelaide trotzdem covern, obwohl sie erfahren mussten, dass ihre Fans das Original gar nicht kennen. Und irgendwie ist das auch gar nicht so schlecht für die Schwaben, schließlich stutzen sie die Melodie von "Ain't Going Nowhere" noch sparsamer zurecht, als es dem alten Barden in seinen melodiefaulsten Auftritten je eingefallen wäre. Möglicherweise ist das aber auch nur der alte Straßenmusiker-Trick, sich in der Interpretation alter Gassenhauer auf das Wesentliche zu konzentrieren. Schließlich fände jede Ausschmückung inmitten des Fußgängerzonen-Lärms ohnehin kaum Beachtung. Dass es seine Karriere nämlich als Straßenmusiker begann, beweist das Duo sogar, indem es sich für zwei Stücke unverstärkt ins Publikum begibt.

In Wahrheit wird aber auch damit nur eine Nostalgie vorgegaukelt wie mit jenem wunderschönen hölzernen Harmonium auf der Bühne, das in Wirklichkeit völlig entkernt wurde und nur als Verkleidung eines weniger schönen Keyboards dient. Solcher Bluff beschreibt aber auch die Musik der Stuttgarter ganz gut.

© SZ vom 30.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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