Komische Oper:Lustspiel im Pornobett

Lesezeit: 2 min

Laura Scozzi inszeniert in Nürnberg Rossinis "Die Italienerin in Algier". In ihrer Trash-Show lässt sie Frauen und Männer aufeinander los und schaut, wer übrig bleibt

Von Egbert Tholl

Die Regisseurin Laura Scozzi hat eine große Freude am Menschen, so wie er geschaffen ist. In der vergangenen Saison zeigte sie dies an der Staatsoper Nürnberg in herrlich ulkiger Poesie mit Rameaus "Les Indes galantes". Nun nahm sie sich Rossinis Gelegenheitswerk für den venezianischen Opernbetrieb vor, "Die Italienerin in Algier", ein munteres Stück aus dem Genre der Türkenoper. Aber Scozzi ist nicht interessiert an putzigem Exotismus. Sie lässt Frauen und Männer aufeinander los und schaut, wer übrig bleibt. Der Sieger ist nicht Mustafa, der Bey von Algier. Der kriegt Probleme mit der Polizei.

Die Bühne ein Loft über dem Hafen, dieses dreht und dreht sich, ein Flokatipornobett steht in einer Ecke, ein Stockbett für die Dienstboten in einer anderen. Mustafa (Marcell Bakonyi) ist kein orientalischer Herrscher mehr, eher eine Art hölzerner, aber levantinischer Berlusconi, bei ihm stehen die Frauen in Strapsen auf dem Esstisch. Subtil ist das nicht, aber sie können sich gut sehen lassen, die leichtbekleideten Damen, eine ganz besonders, Tanja Brunner, sie ist Profi, ausgewiesene Erotiktänzerin. Unterwäsche und Bauchtanz sind prima, wenn auch nicht mehr die neueste Bunga-Bunga-Variante. Viel besser, und in Scozzis Sicht wahrer, sind Selina Lettenbichler und Pawel Dudus, ein stummes Tanzpaar, das sich auf alle erdenklichen Arten liebt, begehrt, prügelt, umbringt, Axt in der Brust, Messer im Rücken, und schon geht es wieder in wüster Verfolgung quer über die Bühne.

Scozzi erzählt die weibliche Sicht auf den männlichen Blick. Dadurch kann sie alles lustig ausstellen, und die Männer sind ohnehin Hanswursten, wenn auch auf unterschiedliche Art. Was das Singen angeht, kann es keiner mit der sturen und dunkelgefährlichen Ida Aldrian aufnehmen - ihr Humor ist auch von der eher handfesteren Art. Sie singt Isabella, des Mustafas neuestes Begehr, was diese naturgemäß anders sieht. Er will dafür seine Gattin Elvira loswerden, die nun tatsächlich komikbegabte Ina Yoshikawa. Lindoro soll auf Mustafas Geheiß mit ihr verschwinden, er will aber nicht, und außerdem kam Isabella nur seinetwegen hier an. Wie auch immer: Martin Platz muss noch üben an seiner helltönenden Stimme, um mit Rossinis Koloraturen verführen zu können.

Bis zu Isabellas Ankunft rumpelt Guido Johannes Rumstadt recht grob im Graben herum, dann vereinen sich doch noch der Witz auf der Bühne mit dem in der Musik, auch wenn sich alles ein bisschen nach Fernschauen anfühlt. Aber: Im Öffentlich-Rechtlichen hätte diese Trash-Show keine Chance.

Die Italienerin in Algier , Sa., 28. Jan., Mi., 2. Feb., jeweils 19.30 Uhr, So., 5. Feb., 19 Uhr, Staatstheater Nürnberg

© SZ vom 26.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: