Klassikfestival:Geburtshelferin

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Cecilia Bartoli bei "Stars & Rising Stars"

Von Thomas Jordan, München

Es geht Schlag auf Schlag im Kreißsaal der Klassikstars. Gerade einmal zwanzig Minuten sind vergangen an diesem Nachmittag in der Hochschule für Musik und Theater. Und doch sind bereits ein Duett und zwei Arien erklungen und drei Nachwuchsstars geboren. Zumindest, was den tosenden Applaus des kunstbegeisterten Publikums im ausverkauften Großen Konzertsaal angeht. Unprätentiös und hoch konzentriert ist der Auftakt des neuen Münchner Klassikfestivals "Stars & Rising Stars", das nicht nur auf der Bühne, sondern auch im Publikum Nachwuchsförderung betreiben will.

Dazu tritt jeweils ein Star der Klassikszene mit Newcomern auf, Konzerte in Clubs sollen vom 20. Mai an das junge Publikum zusätzlich ansprechen. Die Geburtshelferin ist an diesem Nachmittag die Mezzosopranistin Cecilia Bartoli. Mit sichtlichem Vergnügen betritt die Primadonna zu Beginn einmal ganz anders die Bühne: Im türkisfarbenem Reinigungskittel, mit hochgekrempelten Jeanshosen und schwarzen Turnschuhen kehrt sie mit einem Besen die Bühne. Es folgt das Duett "Tutto è deserto" aus Gioachino Rossins berühmter Oper "La Cenerentola". Wie die 50-jährige Bartoli in der Aschenputtel-Figur dem jugendlich-sehnsüchtigem Don Ramiro des 25 Jahre alten Tenors Petr Nekoranec kecke Blicke zuwirft, ist von ansteckender, generationenübergreifender Spielfreude.

Zur vollen Entfaltung kommen die Stärken des Tschechen dann in der Arie des Don Ramiro: Sein heller, schlanker Tenor bleibt auch in den hohen Lagen von Rossinis "Sì, ritrovarla io giuro" beeindruckend stabil und ausdrucksstark. Auch die anderen beiden Talente, die an diesem Nachmittag mit Cecilia Bartoli auf der Bühne stehen, beweisen, dass sie ihren eigenen Stil bereits gefunden haben: Wo der chinesische Tenor Huang Shan mit souveräner stimmlicher Beweglichkeit die Koloraturen des Ottavio aus Mozarts "Don Giovanni" meistert, prescht José Coca mit enormer Bühnenpräsenz vor und entlockt seinem Bass betörende Urgewalt. Und der Star selbst? Behutsam leitet Cecilia Bartoli die Nachwuchsstars während der Auftritte an, erinnert sie mit sanftem Händedruck ans erneute Verbeugen und greift, nachdem der letzte Ton verklungen ist, im Scherz noch einmal zum Besen. "Wunderbar", "tolle Stimmen", raunt es danach aus allen Ecken des Saales. Oder, wie es die 21 Jahre alte Studentin Ilme Stahnke formuliert: "Mega! Geil!"

© SZ vom 03.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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