Kino: "Was nicht passt,...":Speckröllchen in Polyester

Lesezeit: 2 min

Unna kommt ins Kino: "Was nicht passt, wird passend gemacht"

sus

Deutsche Kinofilme scheitern oft an der Unerfüllbarkeit dessen, was sich die Filmemacher vorgenommen haben - das Kino neu erfinden, einen Film für fünf Millionen aussehen lassen, als habe er das Zehnfache gekostet, Schauspieler zu Stars machen, die mit ihren Rollen überfordert sind. Da ist es löblich, wenn ein Regisseur sich eine Aufgabe sucht, der er gewachsen ist. Peter Thorwarths Spielfilm "Was nicht passt, wird passend gemacht" sieht so aus, als habe er sich den Filmtitel bei der Arbeit zu Herzen genommen - das Resultat ist eine schöne kleine Komödie. Sein Hauptdarsteller Willi Thomczyk ist vielleicht kein großer Star, aber in der Rolle des Baustellen-Proleten Horst ist er verdammt gut; die Idee, Thorwarths Kurzfilm gleichen Namens entnommen, ist auch für neunzig Minuten Komödie witzig genug - und Thorwarth erzählt von einem Milieu, das er wirklich kennt: Kleinbürgertum in Unna. Damit hat er das Kino nicht neu erfunden, aber er hat in den Details mehr boshafte kleine Wahrheiten über die deutsche Wohlstandsrepublik herausgefunden als die meisten Filmemacher, die sich dem Thema ernsthaft nähern.

(Foto: SZ v. 12.03.2002)

Der Architekturstudent Philipp (Thorwarth selbst) will sich über Beziehungen die Bescheinigung über ein Baustellen-Praktikum erschleichen, das er nie absolviert hat. Aber die Sache geht ein bisschen schief, und so landet er auf der Baustelle eines maroden Unternehmens, und fällt dort drei echten Mörtel-Veteranen - Thomczyk, Ralf Richter und Hilmi Sözer - in die Hände. Die drei versuchen, ihren Chef abzuzocken und dabei gleich noch dem properen Bürgersöhnchen Philipp eins auszuwischen. Und so glaubt Philipp, am Tod eines polnischen Schwarzarbeiters schuld zu sein, landet im Puff, haut ein verhärmtes Öko-Lehrer-Ehepaar übers Ohr, verliebt sich in Horsts Tochter und vereitelt am Ende einen Bombenangriff auf Mallorca.

Auch Thorwarths erster Film "Bang Boom Bang" spielte schon in Unna, und fast möchte man ihm raten, eine Unna-Trilogie daraus zu machen - er schafft nämlich den Balanceakt, voll Wärme von diesem Sammelsurium gescheiterter Existenzen zu erzählen, und dennoch gelegentlich einen ehrlichen, gemeinen Blick zu riskieren auf den kleinstädtischen Filz, auf schlechten Geschmack und dahinrottende Moral; und genau darin bestehen Charme und Witz von "Was nicht passt, wird passend gemacht". Wenn Thorwarth Speckröllchen in Polyester aus der Nähe zeigt oder die aufgesetzte Fremdenfreundlichkeit des Lehrerpärchens, dem Sözer immer vorspielt, er könne kaum deutsch - dann tut es schon fast ein bisschen weh, hinzusehen, das ist mehr als nur die üblichen Goldkettchen-Orgien. Und nach und nach setzt sich das Bild einer deutschen Kleinstadt zusammen. Der Kölner Klüngel sieht richtig langweilig aus daneben.

WAS NICHT PASST, WIRD PASSEND GEMACHT, D 2002 - Regie: Peter Thorwarth. Buch: Matias Dinter, Martin Ritzenhoff. Kamera: Eckhard Jansen. Mit: Willi Thomczyk, Ralf Richter, Dietmar Bär, Hilmi Sözer, Peter Thorwarth, Alexandra Maria Lara. Senator, 97 Min.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: