Kinderklassiker:Edle Verrücktheit

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So pries schon Astrid Lindgren diese inzwischen klassische Geschichte über einen verrückten Vater, der immer nur mit seinem Sohn spielt.

Von Verena Hoenig

Loranga, was ist denn das für ein Typ, der wie eine Orangenlimonade heißt? Für Masarin jedenfalls der beste Papa der Welt. Denn er liegt Nüsse knackend unterm Küchentisch und singt die Schlager aus dem Radio mit. Tags wie nachts trägt er einen Bademantel und der Teewärmer ist seine Mütze. Diesem Vater schmeckt Schokoladenpudding, aber auch Zahnpasta, er heckt Streiche aus und hat einen Lachanfall nach dem anderen. Loranga weigert sich, arbeiten zu gehen, schließlich will er nicht die besten Jahres seines Lebens vergeuden. Außerdem muss er doch mit seinem Sohn spielen. Gemeinsam schwingen die beiden sich an Lianen durchs Haus, spielen Eishockey mit Besen. Dabei verputzen sie haufenweise Zimtschnecken. Nur verlieren kann Loranga nicht, dann kriegt er schlechte Laune. Und manchmal futtert er eine Tafel Schokolade heimlich alleine weg. Mit zum Team gehört der hypochondrische Opa Dartanjang, der jeden Tag ein anderer ist - mal Gärtner, mal Ministerpräsident, mal Klempner. Außerdem treten auf: Dieb Gustav, ein Würstchenverkäufer, der grantige Nachbar mit der Abneigung gegen rote Eulen und Masarins "Kuckuck" rufender Ururgroßvater. Ein Panoptikum von Durchgeknallten, unter denen der Junge sich pudelwohl fühlt.

Erwachsene mögen die Stirn in Falten legen: Steht Loranga unter Drogen? Wo kommt das Geld fürs Essen her? Wieso tauchen niemals Frauen auf, ja, werden überhaupt nicht erwähnt? Und wie furchtbar, dass Vater und Sohn im Gras schlafen, nachdem ihre Betten von der Hausgiraffe aufgefressen worden sind. Dann stürmen auch noch 1000 hungrige Tiger auf das Grundstück. Ein Fall also fürs Jugendamt?

Ganz und gar nicht. Kinder sehen das Buch als das, was es ist, nämlich als grandiosen Unsinn, und lachen sich schlapp darüber. So war es schon vor fast fünfzig Jahren, denn Barbro Lindgren hat die Loranga-Geschichten, die in Schweden Klassiker sind, 1969 und 1970 geschrieben. Eine deutsche Ausgabe erschien seinerzeit unter dem Titel "Loranga, Lollipop und lauter Tiger", ebenso ein Hörspiel. Nun ist "Loranga - Der beste Papa der Welt", von Maike Dörries neu übersetzt, endlich wieder zu haben. Kai Würbs arbeitet in seinen Illustrationen die Eigenheiten der Figuren wonnevoll heraus und macht das Vergnügen damit komplett.

Astrid Lindgren, nicht verwandt mit Barbro, pries die "edle Verrücktheit" des Buchs. Zwar würden die Hauptfiguren kein einziges vernünftiges Wort sagen, aber für immer ihre Freunde sein.

Auch die Kinder des 21. Jahrhunderts werden diese herrlich sinnfreien Vater-Sohn-Erzählungen höchst faszinierend finden. Schon deshalb, weil sie einen Gegenentwurf zu ihrem eigenen getakteten Alltag darstellen, in dem es gnadenlos ökonomisch zugeht und sogar freies Spielen auf die Agenda gesetzt werden muss. Leben ist mehr als funktionieren. (ab 7 Jahre)

Barbro Lindgren : Loranga - Der beste Papa der Welt. Mit Illustrationen von Kai Würbs. Aus dem Schwedischen von Maike Dörries. Woow Books, Hamburg 2017. 236 Seiten, 15 Euro.

© SZ vom 10.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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