Jubiläum:Fräulein beliebt zu spaßen

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Julie Andrews in ihrer Überrolle als Mary Poppins (1964). (Foto: Imago)

Die britische Schauspielerin Julie Andrews, die durch den Disneyfilm "Mary Poppins" und "The Sound of Music" weltberühmt wurde, wird 80 Jahre alt. Eine Verneigung zum Geburtstag.

Von Fritz Göttler

Sie war in der irrsten Duschszene der Kinogeschichte, da geht's um Crêpes Suzette, das ist eine Geheimoperation der Amerikaner im Ersten Weltkrieg. Sie ist eine Mata Hari in Pink, Nachtclubsängerin und deutsche Spionin, und mit ihr in der Dusche steht Rock Hudson als amerikanischer Pilot, er hat noch seine Uniform an. Sie streiten heftig, Dusche an, Dusche aus, und einmal sagt sie Bastard zu ihm mit der ganzen liebevollen Verachtung, zu der nur die Briten fähig sind. Und dann drückt er sie fest an sich und küsst sie nachhaltig. Der Film heißt "Darling Lili", von 1970, der erste, den sie mit Blake Edwards drehte, den sie während der Dreharbeiten heiratete und mit dem gemeinsam sie einige der schönsten Filme der Siebziger und Achtziger machte: "Die Frucht des Tropenbaums" (mit Omar Sharif) und "Ten" (mit Dudley Moore), "Victor/Victoria" (mit James Garner) und "That's Life" (mit Jack Lemmon).

"Darling Lili" war ein Flop, die Flugmaschinen waren teuer und die Produzenten hatten Blake Edwards gehörig reingeredet. Dadurch kam auch die Hollywoodkarriere von Julie Andrews ins Trudeln. In den Fünfzigern hatte sie am Broadway für Furore gesorgt, als Cockney-Blumenmädchen Eliza im Musical "My Fair Lady". Für die Verfilmung 1964 wollte Studiochef Jack Warner aber nichts von Julie wissen, setzte statt dessen auf Audrey Hepburn - die für die Songs natürlich synchronisiert werden musste. Julie durfte dafür Walt Disneys "Mary Poppins" spielen, ihre erste Kinorolle, für die sie gleich einen Oscar bekam. Die Kritik war entsetzt, Pauline Kael gefiel überhaupt nicht, wie der Film sein Publikum in "emotionale und ästhetische Schwachköpfe verwandelte, wenn wir uns selbst die krankhaft lieben Lieder summen hören". Aber nein - dieser Film hat nichts von unangenehmem Feelgood. Und Julie Andrews ist, wie ein Kindermädchen sein sollte, verständnisvoll und cool, zupackend und verführerisch, aber ohne die geringste Spur von Zuckersüße oder Anbiederung. Mary bleibt auf Distanz, eine Alien-Nanny.

Nicht mal ein Jahr später kam der zweite Großerfolg, die andere Maria in "The Sound of Music/Meine Lieder, meine Träume", die Geschichte der österreichischen Trappfamilie, die in der Nazizeit ins Exil nach Amerika fliehen musste und mit ihrem Familienchor Erfolge feierte. Auch heute, fünfzig Jahre später, einer der meistgeliebten Filme Amerikas, eine ästhetische Wasserscheide - seit es die Möglichkeiten der mechanischen Reproduktion gibt und das Kino insbesondere, hat sich ja alles verändert in Sachen Kitsch, seine Funktion, seine Einschätzung, seine Bedeutung.

Die Jahre mit Blake Edwards - er starb schließlich 2010 - waren ein weites Experimentierfeld für Julie Andrews. Die apart bleibt sogar im Ordinären, diskret in schrillen Momenten, naiv in ihrer Form der Sophistication, die weibliche und maskuline Stimmungen und Effekte zu mixen weiß, in "Victor/Victoria", wo sie furchtlos verschiedene Aspekte einer Gender-Klamotte durchexerziert.

Sie hat diese schrecklich britische Stärke, erklärte Moss Hart, der Regisseur ihrer Broadway-Fair-Lady, bei der man sich fragt, warum sie jemals Indien verloren haben. Am Donnerstag wird Dame Julie Andrews achtzig Jahre alt. Bei Disney plant man eine Fortsetzung von "Mary Poppins", und es ist schwer auszumalen, wer in den Schatten des Originals treten sollte. Julie selber hat einen Vertrag für nächsten Sommer, im Opernhaus Sydney wird sie "My Fair Lady" inszenieren.

© SZ vom 01.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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