Jazzkonzert:Eine Australierin in Paris

Lesezeit: 2 min

Die singende Pianistin Sarah McKenzie ist auf dem Weg an die Spitze des Mainstream-Jazz

Von Oliver Hochkeppel

Auch im australischen Melbourne sieht der Weg eines Teenagers zum Jazz wohl nicht viel anders aus als etwa in München: Entweder ist das Elternhaus entsprechend geprägt, oder man hat das Glück, einem aufgeschlossenen Musiklehrer zu begegnen. Bei der 28-jährigen Australierin Sarah McKenzie schied ersteres aus: "Meine Eltern waren nicht musikalisch und besaßen auch keine Jazz-Platten." Dafür hatte sie einen Klavierlehrer, der sie alles Mögliche spielen ließ, von der Klassik bis zu Blues und Pop. Eines Tages fragte er sie, ob sie nicht auch mal Jazz ausprobieren wolle: "Besorge dir eine Jazz-Platte und sag mir, was du davon hältst." Also ging Sarah los und kaufte sich eine Kompilation: "Jazz On A Winter's Night". Das erste Stück darauf war Oscar Petersons "Night Train". Das reichte: "Ich verliebte mich sofort darin, transkribierte die Solos, und von da an war ich dieser Musik verfallen", berichtet McKenzie heute.

Neben dem analytisch Intellektuellen gibt es im Jazz immer noch den Reiz der Melodie, findet Sarah McKenzie. (Foto: Philippe Levy-Stab)

Freilich betrachtete sie das Ganze zunächst als "seltsames Hobby". Ernster wurde die Angelegenheit erst, als der Trompeter James Morrison, eines der Aushängeschilder des australischen Jazz, ihr ein Stipendium vermittelte und sie unter seine Fittiche nahm. Schnell wurde klar, dass McKenzie in Australien mit allen mithalten konnte, ihre ersten Alben brachten ihr unter anderem den Aria Award, den australischen Grammy, ein. Doch ihr Ehrgeiz war inzwischen größer. Als das Berklee College of Music beim Umbria Jazz Festival "Clinics" veranstaltete, also Workshops mit Vorspiel, meldete sie sich in der Hoffnung an, ein Stipendium für die immer noch wichtigste Kaderschmiede des Jazz zu erhaschen. Und so geschah es.

In Berklee fiel nun auch auf, dass die junge Frau, die immer nur Solo-Pianisten und Piano-Trios gehört und als musikalische Vorbilder erkoren hatte, ihre Klaviermelodien mit einer weit wohlklingenderen Stimme begleitete als etwa die Brummbären Oscar Peterson oder Erroll Garner. So nahm McKenzie mit 24 Jahren ihre ersten Gesangsstunden. Heute, nur vier Jahre später, ist sie - inzwischen nach Paris übersiedelt und nahezu ununterbrochen unterwegs - vor allem dank ihrer Stimme international im Aufwind.

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Shirley Horn hört man bei ihr als Einfluss heraus, auch Abbey Lincoln oder Nat King Cole, vor allem eben die klavierspielenden Sänger und Sängerinnen. Oft wurde sie natürlich schon mit Diana Krall verglichen, was sie als Ehre empfindet, aber auch relativiert: "Als ich als Teenager erstmals von ihr hörte, dachte ich: Oh nein, sie stiehlt meine Idee! Ich mag wirklich, was sie macht und habe großen Respekt vor ihr, aber sie ist kein direkter Einfluss. Ich versuche, meine Sachen zu komponieren." Ohnehin ist McKenzie das Komponieren mittlerweile fast wichtiger als Singen und Klavierspielen, aus einem bestimmten Grund: "Ich glaube, dass wir vom Songwriting in der Art des ,Great American Songbooks' im Moment nicht genug haben. Im Jazz von heute geht es meist um das Virtuose, das Analytische, das Intellektuelle, und darüber wird vergessen, dass auch Dizzy oder Monk alle ihre unverwechselbaren Tunes geschrieben haben. Die Leute erinnern sich eben vor allem an Melodien. Und ich liebe sie so sehr, dass ich alles drumherum anordne." So wechseln auch auf ihrem neuen Album "Paris In The Rain", das sie jetzt im Gasteig vorstellt, Standards ab mit Eigenkompositionen, die wie Standards klingen. Zu "I'm Oldfashioned" etwa bekennt sich McKenzie offensiv: "Ich bin total altmodisch und liebe zeitlose Eleganz. Bei der Musik versuche ich aber, dem alten Glanz einen modernen Anstrich zu geben."

Sarah McKenzie , Donnerstag, 4. Mai, 20 Uhr, Carl-Orff-Saal, Gasteig, Rosenheimer Straße 5

© SZ vom 03.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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