Jahresprogramm:Silvester im Fernsehen

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Mariss Jansons dirigiert Jörg Widmanns "Trauermarsch" - eines der prächtigen Fotos aus dem Saisonprogrammbuch, die Musiker bei der Arbeit zeigen. (Foto: Peter Meisel)

Die Pläne des BR-Symphonieorchesters für die nächste Spielzeit

Von Egbert Tholl, München

Chefdirigent Mariss Jansons, Orchestermanager Nikolaus Pont und Benjamin Schwartz, verantwortlich für die künstlerische Planung, stellen die kommende Saison des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks vor. Und da die Stimmung gelöst, das Programm erwartbar hochwertig und solide, an manchen Stellen aber doch überraschend ist, erst einmal ein paar allgemeinere Dinge.

Frauen. Vor einigen Monaten hatte Mariss Jansons in London ein Interview gegeben, in dem er bekundete, Dirigentinnen seien nicht "my cup of tea", was er viel lässiger meinte, als es teilweise aufgenommen wurde. Er habe sich entschuldigt, liebe Frauen, es sei nicht schön gewesen, dass er das gesagt habe. Jansons ist an diesem Vormittag ein hochgradig hellhöriger, ernsthafter Gesprächspartner. Mit dem ihm eigenen Schalk, dazu gleich. Übrigens wird tatsächlich ein Konzert in der kommenden Saison von einer Frau geleitet: Susanna Mälkki dirigiert im Juli 2019 bei der Musica Viva unter anderem Boulez.

Echo. Nachdem gerade zwei Rap-Vollidioten mit antisemitischer Attitüde den Echo-Preis erhalten haben, gaben zahlreichen Künstler ihre Auszeichnung zurück, darunter etwa Enoch zu Guttenberg und Igor Levit. Auf die Frage, wie man es damit beim BRSO handhabe, kann man den Menschen beim Grübeln zuschauen. Gemeinsam finden sie heraus, dass das Orchester zuletzt 2013 einen Echo für die Einspielung von Mahlers Neunter unter Bernard Haitink erhalten habe. Jansons ist über den Gesamtkomplex entrüstet und fragt, welchen Echo er wohl am besten zurückgeben solle, Pont meint, er wisse gar nicht, wo die Dinger herumstünden, Jansons grinst und meint, bei ihm zu Hause. Stefan Tischler, Solotubist und Mitglied des Orchestervorstands, erklärt das Ganze dann: Erstens sei der Echo ein Preis, der nicht für künstlerische Qualität, sondern in erster Linie wegen erfolgreicher Verkaufszahlen vergeben werde, mithin fürs Orchester uninteressant. Zweitens habe man ihn aus der offiziellen Orchesterbiografie getilgt. Und drittens, so Pont, werde man keinen Echo mehr annehmen, bis für diesen nicht die ethischen Richtlinien geklärt seien.

Konzerthaus. "Im neuen Saal werden die Konzerte noch interessanter, noch intensiver werden", davon ist Mariss Jansons überzeugt. Auf die Frage, ob er das neue Konzerthaus als Chefdirigent des BRSO eröffnen werde, meint er, davon gehe er nicht aus. Es spiele aber überhaupt keine Rolle, der Saal sei für das Orchester, das er liebe. Man wisse ja auch nicht, wann der Saal fertig werde. Treffen zwischen ihm und den neuen politischen Entscheidungsträgern einschließlich Markus Söder stehen offenbar noch aus. Jansons' Vertrag läuft derzeit bis 2021. Da kann sich nun jeder selbst einen Reim darauf machen, ob eine Verlängerung seines Vertrags wahrscheinlich scheint oder nicht.

Programm. Die kommende Saison ist die 16. mit Jansons als Chef und die 70. des BRSO seit seiner Gründung. Also Jubiläum. Das bedeutet zwei Tage vor dem eigentlichen Termin einen "Tag der offenen Tür" im Werksviertel, wo das Konzerthaus entstehen soll, und mit Jansons selbst am 29. Juni 2019. Das bedeutet aber auch ein Festkonzert für den SZ-Adventskalender, der ebenfalls 70 Jahre alt wird, und am Tag danach ein Silvesterkonzert (eben an Silvester) mit Jansons und Lang Lang, das die ARD live im Fernsehen überträgt. Jansons spricht da sehr lustig über das - noch nicht feststehende - Programm, denn dieses solle internationale Musik aus verschiedenen Ländern präsentieren, was nicht so leicht sei, denn "Kongo und Simbabwe" gäben für diesen Anlass nicht so viel her. Keine Ahnung, wie Jansons auf diese beiden Länder kommt. Insgesamt dirigiert er acht verschiedene Programme, will französische Musik mehr in den Fokus rücken, was er auch unter anderem mit Poulencs Orgelkonzert tut, das er auch im Wiener Musikverein dirigieren wird, weil der eine neue Orgel hat. Auf Reisen, vor allem in Asien, dirigiert Jansons zwar mehr Konzerte als in München, aber er wirkt hier sehr präsent - sein Lieblingsgeiger Leonidas Kavakos ist Artist in Residence.

© SZ vom 19.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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