Jahresausstellung:Royale Netzwerker

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Die Mitglieder der Münchner Künstlergenossenschaft königlich privilegiert 1868 suchen die Auseinandersetzung mit Form und Farbe in der Gegenständlichkeit. Hier Klaus Soppes "Mutiger Junge". (Foto: MKG)

Die Münchner Künstlergenossenschaft königlich privilegiert 1868 sucht in ihrem 150. Jubiläumsjahr nach Möglichkeiten der Erneuerung

Von Evelyn Vogel

Münchner Künstlergenossenschaft königlich privilegiert 1868. Das klingt verschnarcht und nach Königlich Bayerischem Amtsgericht. Jenem Alpen-Kasperl-TV-Gerichts-Theater aus den Siebzigerjahren, das dem Bild Bayerns in den Augen der Einwohner nördlich des Weißwurst-Äquators in etwa so viel kulturelle Prägung verlieht wie das Ohnesorg-Theater dem Fernsehpublikum südlich der plattdeutschen Sprachgrenze. "Ja, es klingt verstaubt", gibt der Präsident der königlich privilegierten Künstlergenossenschaft, Paul Martin Cambeis, zu. "Aber ich bin total dagegen, den Zusatz abzuschaffen - auch wenn er klingt wie aus der Mottenkiste." Denn als Bayer habe er halt auch "ein Faible fürs Königliche".

Doch aus eben jener Mottenkiste, in denen sie in den Augen der Öffentlichkeit vielfach steckt, will Cambeis die Münchner Künstlergenossenschaft, kurz MKG, holen, seit er im vergangenen Jahr sein Amt angetreten hat. Das 150. Jubiläumsjahr soll ein Jahr der Erneuerung werden. Die ersten Schritte sind getan. So erscheint zur Jubiläumsausstellung erstmals ein Künstlerportfolio, in dem alle Mitglieder vorgestellt werden. Und auch der Katalog wurde anlässlich des Jubiläums überarbeitet. Zudem gibt es einen Facebook-Auftritt und einen Newsletter. Das hätte Franz von Lenbach, den Malerfürsten und begnadeten Netzwerker, der einst selbst Präsident der MKG war, sicher gefreut.

Cambeis, seines Zeichens Maler, Zeichner, Bildhauer und autodidaktischer Coach, will, dass die Künstlervereinigung als Organisation den Sprung ins 21. Jahrhundert schafft. "Und dafür müssen die Mitglieder umlernen", betont er. Auch wenn das Durchschnittsalter der Mitglieder bei "60 plus" liege. Nur Mitglied sein und sich auf der Jahresausstellung präsentieren, das genüge nicht. Ihm schwebt eine Art Akademie vor, in der die Künstler lernen, sich im realen Leben wie auf Social-Media-Plattformen besser zu repräsentieren, ihre Arbeit ansprechend zu dokumentieren, Verkaufsgespräche zu führen und Kontakte zu knüpfen. Dazu will der 53-Jährige Seminare anbieten. Doch er stoße immer noch auf Vorbehalte, wenn er von Selbstvermarktung spreche, zu der eben auch das Netzwerken und der Smalltalk gehörten. Er seinerseits habe angefangen, mit den anderen Künstlervereinigungen ein Netzwerktreffen zu organisieren.

Unter den fünf Münchner Künstlerverbänden ist die MKG nicht nur der älteste, sondern mit aktuell etwas mehr als 100 Mitgliedern auch der größte. Wenngleich weit entfernt von der einstigen Bedeutung, die er mit Künstlern wie Franz von Lenbach, Gabriel und Emanuel von Seidl, Ferdinand von Miller, Wilhelm Busch und Carl Spitzweg hatte. Schon wenige Jahre nach der Gründung zählte die MKG 554 Mitglieder, bis 1891 waren es 955. Bei Weltausstellungen in Paris und Sydney war man dabei, jahrzehntelang war der Glaspalast der Ort, an dem die Jahresausstellung ihren festen Platz hatte. Mit dem 1900 eröffneten Künstlerhaus am Lenbachplatz, dessen Bau unter Franz von Lenbach verwirklicht wurde, verfügte man über eine angemessene Repräsentanz - und mit dem Festsaal und dem Künstlerkeller Allotria auch über Orte der Geselligkeit. Betreiben konnte man das Künstlerhaus zwar nicht, aber man blieb ihm treu verbunden. 1939 von den Nationalsozialisten aufgelöst, wurde die MKG 1949 neu gegründet. Mit Unterbrechung war das Haus der Kunst bis 2012 der Ort, an dem man sich jährlich präsentierte. Seit 2014 ist die königlich privilegierte Künstlergenossenschaft mit ihren Jahresausstellungen im Ägyptische Museum untergekommen. In diesem Jahr hat man aber auch eine alte Tradition wieder aufleben lassen und vergibt von nun an jährlich eine Ehrenmedaille an Menschen, die sich um die Kunst in München verdient gemacht haben. In diesem Jahr hat man sie Maja und Peter Grassinger von Künstlerhaus am Lenbachplatz zuerkannt.

Künstlerisch ist die MKG weiterhin der figurativ-gegenständlichen Malerei, Grafik und Bildhauerei verpflichtet. In der aktuellen Jubiläumsausstellung präsentieren 111 Künstler (darunter einige Gastaussteller) 169 Exponate. "Eine unserer Forderungen ist nach wie vor, dass man das Handwerk beherrscht", präzisiert Paul Martin Cambeis das Vereinskriterium. Der Absolvent der Kunstakademie geht oft zurück an seine Ausbildungsstätte, um mit Studierenden zu sprechen und für die MKG zu werben. Denn er wolle das königliche Privileg mit neuen Inhalten füllen und einer "neuen Haltung aufladen". Zudem: Manche der Akademie-Klassen lägen in ihrer künstlerischen Ausrichtung ja durchaus auf der Linie der königlich Privilegierten. Wenn nur der Name nicht so verstaubt wäre. . .

MKG-Jahresausstellung, Museum Ägyptischer Kunst, Gabelsberger Straße 35, bis 25. Februar, Di 10-20 Uhr, Mi-So 10-18 Uhr

© SZ vom 02.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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