Islamfeindlichkeit:Feindbilder und andere Phobien

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Attacken gegen "Vorurteilsforscher": Das Zentrum für Antisemitismusforschung gerät in die Kritik zieht Parallelen zwischen Islamhetze und Antisemitismus.

R. Nimtz-Köster

Als "Vorurteilsforscher" verstehen sich die Wissenschaftler des Zentrums für Antisemitismusforschung der TU Berlin. Wolfgang Benz, seit 18 Jahren Leiter des weltweit einzigen Instituts dieser Art, und seine Mitarbeiter haben ihr Aufgabenspektrum längst ausgedehnt, um andere Feindbilder und Phobien zu erkunden, Antisemitismus mit seinen Denkstrukturen wird dabei als Paradigma genutzt.

Der Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung, Wolfgang Benz, konstatiert eine "Islamphobie". (Foto: Foto: ap)

Dass die Forscher sich nun, nach Sinti und Roma, auch den Muslimen und damit dem Islam als "aktuellem Feindbild" (Benz) zugewandt haben, hat ihnen einen Platz zwischen den Stühlen eingebracht. Eine Gruppierung von islamkritischen Bloggern sowie der anerkannte Publizist und Politologe Matthias Küntzel werfen dem Zentrum vor, auf "gefährliche Abwege" (Küntzel) geraten zu sein.

Im Visier haben Küntzel wie auch die Publizistin Gudrun Eussner eine bevorstehende Konferenz des Zentrums und das soeben erschienene Jahrbuch 2008, in dem Benz über die "Islamophobie" schreibt: "Die Parallelen zu Antisemitismus und Judenfeindschaft sind unverkennbar", "die Wut der neuen Muslimfeinde gleicht dem alten Zorn der Antisemiten gegen die Juden". Welche "Gemeinsamkeiten Judenfeinde und Islamfeinde teilen", soll am 8. Dezember auf einer Tagung des Zentrums untersucht werden.

Die Analogie sei "schräg und fatal", meint Küntzel im Internet, weil sie den Holocaust trivialisiere und islamistischen Terror ignoriere. Auch hätten die Resultate der unterschiedlichen Ressentiments wenig gemein: "Es werden keine muslimischen Gräber geschändet . . . niemand will ein muslimisches Land beseitigen . . . die Moscheen bedürfen keiner polizeilichen Dauerüberwachung."

Drastisch, mit Internet-Schmähungen, zieht Bloggerin Eussner gegen den renommierten Historiker Benz zu Felde: "Wenn Sie den Forschungsgegenstand entsorgen, warum entsorgen Sie sich nicht gleich mit?"

Eine Gleichsetzung von Antisemitismus und Islamfeindlichkeit finde nicht statt, sagt Benz, und sei auch nicht intendiert. Es gehe darum, Ähnlichkeiten und Unterschiede zu erforschen. Aktuelle Missstände, etwa die Tendenz, für das Fehlverhalten einzelner das ganze Kollektiv in Haftung zu nehmen, machten es notwendig, sich mit dem Feindbild Islam zu beschäftigen.

© SZ vom 4.12.2008/jb - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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