Interview: Hans Zimmer über "Pirates of the Caribbean 3":Bis der Regisseur rockt

Lesezeit: 3 min

Der deutsche Filmmusik-Komponist Hans Zimmer spricht über chinesische Piratenmusik und künstlerische Freiheit zwischen Fortsetzung und Millionenproduktion.

Josef Grübl

Besonders schlaue Filmmusik-Kenner werfen dem Komponisten Hans Zimmer immer wieder seinen Mangel an Einheitlichkeit vor, auch sein typischer Mix aus Elektronik und Orchester wird oft kritisiert. Damit aber hat es der Deutsche (seine Mutter lebt in München) in Hollywood ganz nach oben geschafft, in seiner Filmographie finden sich fast ausschließlich Blockbuster. Der dritte Teil der "Pirates of the Caribbean"-Reihe wird sich da mit Sicherheit einreihen, Oscarpreisträger Zimmer hat also wieder alles richtig gemacht.

Der deutsche Komponist Hans Zimmer mit seinem Oscar für die Filmmusik von "König der Löwen". (Foto: Foto: dpa)

sueddeutsche.de: Wie lange haben Sie denn an diesem Film gearbeitet?

Zimmer: Ich weiß es nicht mehr, da müssen Sie meine Frau fragen... Wir haben wie immer bis zur letzten Minute daran gesessen, das ist immer so. Irgendwann kam jemand rein und sagte: "Wenn Ihr noch eine Minute länger daran arbeitet, kommt der Film nicht rechtzeitig raus."

sueddeutsche.de: Ist eine Fortsetzung musikalisch denn reizvoll? Schließlich müssen Sie doch auf bekannte Themen zurückgreifen.

Zimmer: Natürlich wird es langweilig, wenn ich nur ständig die selben Themen arrangiere. Aber mit Gore Verbinski hatte ich einen Regisseur, der für Neues sehr aufgeschlossen ist. Uns war es wichtig, dass wir von den Ideen, der Orchestrierung und auch den Experimenten ein bisschen weiter gehen konnten. Das hat Spaß gemacht, ich habe über eine Stunde neue Musik für diesen Film geschrieben.

sueddeutsche.de: Inwiefern unterscheidet er sich denn musikalisch von seinen Vorgängern?

Zimmer: Auf der einen Seite ist er ein bisschen erwachsener, auf der anderen Seite wollte ich zurück zu einer Orchestrierung wie in den alten Piratenfilmen. Das war in den ersten beiden Teilen ja nicht so.

sueddeutsche.de: Haben Sie bei einem millionenschweren Unternehmen wie diesem überhaupt noch künstlerische Freiheit?

Zimmer: Natürlich habe ich versucht, den Ton der beiden Vorgänger zu halten. Auf der anderen Seite hatte ich aber so viel Freiheit wie ich wollte. Die Leute vom Studio vertrauen mir schon, dass ich den Film durch meine Musik nicht ruiniere. Wir haben auch keine Testscreenings gemacht - normalerweise werden Filme ja noch während der Arbeit einem Publikum vorgeführt. Da wird man plötzlich von Leuten kritisiert, die mit dem Film nichts zu tun haben...

sueddeutsche.de: Der zweite und der dritte Teil wurden ja fast zeitgleich gedreht. Haben Sie auch zeitgleich komponiert?

Zimmer: Es stimmt, irgendwie habe ich in den letzten zwei Jahren nie mit dem Schreiben aufgehört. Das kleine Lied vom Anfang des dritten Teils habe ich zum Beispiel schon ein Jahr vor den Dreharbeiten geschrieben, weil sie es für die Geschichte brauchten. Ich habe zwar in der Zwischenzeit auch noch ein paar andere Sachen gemacht, bin aber immer wieder zu den "Pirates" zurückgekommen.

Im zweiten Teil: Warum Hans Zimmer nicht mehr für deutsche Filme Komponiert und der vierte Teil der "Pirates" ohne ihn auskommen muss.

sueddeutsche.de: Der Film spielt unter anderem in China. Haben Sie sich dafür von fernöstlicher Musik inspirieren lassen?

Zimmer: Es ist nur ein bisschen asiatisch, wir gehen mit dem Film ja um die ganze Welt. Es ging auch nicht um chinesische Musik, sondern um Musik, die richtig für unseren Piratenfilm ist. Wir haben versucht, mit chinesischen Musikern zusammen zu arbeiten - aber die konnten das, was ich geschrieben hatte, gar nicht spielen! Wir sind eben nicht wirklich in China, sondern in einer Fantasiewelt. Ich habe versucht, aus meiner Phantasie heraus "chinesische Piratenmusik" zu machen.

sueddeutsche.de: Mehr soll es vermutlich auch nicht sein.

Zimmer: Genau. Ich bin ja kein Musikhistoriker oder Anthropologe, sondern Filmkomponist. Der liebe Herr Ravel war ja auch nicht in Spanien, als er "Bolero" geschrieben hat.

sueddeutsche.de: Eine Szene im Film erinnert dagegen stark an Italowestern, Morricone-Sound inklusive.

Zimmer: Gore Verbinski und ich sind ganz große Ennio Morricone-Fans. Er hat eine kleine Hommage and die Filme von Sergio Leone eingebaut, da konnte ich einfach nicht anders...

sueddeutsche.de: Gibt es auch eine Referenz an die Rolling Stones?

Zimmer: Nein, das haben wir absichtlich nicht gemacht. Es war schon gewagt genug, dass Keith Richards mitspielt. Außer einem Stück, bei dem übrigens Gore die elektrische Gitarre spielt, gibt es gar keinen Rock 'n' Roll. Das wäre einfach zu viel geworden.

sueddeutsche.de: Reizt Sie eigentlich noch das deutsche Kino?

Zimmer: Ich mache das ganz gern und es gibt auch tolle deutsche Filme, nur kriege ich keine Anfragen!

sueddeutsche.de: Woran liegt das denn?

Zimmer: Das Problem ist wohl, dass ich nicht da bin. Da wird man einfach nicht mehr gefragt.

sueddeutsche.de: Was haben Sie denn für einen Bezug zu Ihrer alten Heimat?

Zimmer: Deutschland liegt mir immer noch sehr am Herzen, auch wenn mein Deutsch nicht mehr so gut ist. Das liegt einfach daran, dass ich es in meinem Job nie spreche. Am Ende des Tages bin ich aber Deutscher.

sueddeutsche.de: Sie werden im September fünfzig. Zeit für eine Zwischenbilanz?

Zimmer: Natürlich bin ich zufrieden mit meiner bisherigen Karriere, aber ich bin immer unzufrieden mit meinem letzten Stück Musik. Deswegen muss ich auch immer wieder ein neues schreiben...

sueddeutsche.de: Woran arbeiten Sie denn gerade?

Zimmer: An den "Simpsons", das ist dann doch etwas ganz anderes... Ich verwende dabei Danny Elfmans Thema aus der Serie und sehe mich im Moment eher als sein Arrangeur. (lacht)

sueddeutsche.de: Wird es eigentlich einen vierten Teil der "Pirates" geben?

Zimmer: Nicht mit mir, ich glaube auch nicht mit Gore Verbinski. Ich habe fünf Stunden Musik für den Film aufgenommen, jetzt fällt mir nichts mehr ein.

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