Improvisationstheater:Im Anfang war das Stichwort

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Immer für Überraschungen gut: die Fastfood-Truppe von 1996. (Foto: Archiv Fastfood Theater)

Vor 25 Jahren wurde die Gruppe Fastfood Theater gegründet. Zur Feier ihres Jubiläums haben sich die Mitglieder ein neues Format einfallen lassen

Von Petra Hallmayer

Bei der Generalprobe für die Jubiläumsgala ging noch ziemlich viel schief. Aber von Panik ist bei Andreas Wolf nichts zu bemerken, dafür ist er ein zu erfahrener Profi. Unwägbarkeiten und Ausrutscher gehören zu seinem Metier. Als er vor 25 Jahren mit ein paar Kommilitonen das Fastfood Theater gründete, war dies eine pure Spaßidee. "Wir hatten keinen Plan, was daraus werden soll." Entfacht hatte die Begeisterung der Theaterwissenschaftler für das damals in Deutschland noch kaum bekannte Genre Improvisationstheater ein Kolloquium des Neuseeländers Christopher Balme.

Einige Enthusiasten schlossen sich daraufhin zusammen. "Wir waren eine Gruppe von Leuten, die keinen Einstieg in den Schauspielerberuf gefunden haben. Man könnte auch sagen: Ein Haufen von Losern." Er selbst sei der Einzige gewesen, der nie davon geträumt hatte, an einem großen Haus zu arbeiten, weil er die Hierarchien dort und den Umgang mit Schauspielern unerträglich fand.

Fünf Jahre trat die Impro-Truppe im Theater Heppel & Ettlich auf und löste einen "richtigen Hype" aus. Der Sprung von der Spaßidee zum Beruf, erklärt Wolf, "war ein harter und konfliktreicher Prozess." Das Ensemble trennte sich von frühen Förderern und Mitgliedern und suchte gezielt neue. Aus der netten basisdemokratischen Studentengruppe wurde ein professionelles und profitables kleines Unternehmen. "Fastfood", so Wolf, "ist die Marke und die Improcompany die Firma." Anders, beteuern er und Karin Krug, die letzten noch aktiven Gründungsmitglieder, hätte die freie Gruppe nicht so lange überleben können. Zwei zentrale Säulen der Finanzierung bilden die 1994 eröffnete Improschule und Kurse in Firmen, die ihre Mitarbeiter in businessfördernden Soft Skills wie Teamkompetenz schulen möchten.

Was einen guten Improspieler auszeichnet, meint Wolf, seien neben der Technik, die jeder erlernen kann, Talent und vor allem Teamfähigkeit. "Narzisstische Solisten sind bei uns nicht erwünscht. Alle müssen auf der Bühne immer in Kontakt bleiben und einander absolut vertrauen können." Sein Grundkonzept hat Fastfood im Laufe der Jahre durch Variationen wie den Improcup erweitert, bei dem Teams gegeneinander antreten.

Diverse Formate wurden ausprobiert, unter denen die bayerische Volksimpro mit Dirndl und Lederhose zum Hit avancierte. Das Original aber existiert nach wie vor: Die phänomenal langlebige "Best of Life"-Show, in der drei Ensemblemitglieder und ein Musiker jeden Montag auf der Wirtshausbühne im Schlachthof stehen. Das Erfolgsrezept ist seit der Premiere vor einem Vierteljahrhundert das gleiche geblieben. Die Zuschauer geben Begriffe oder Sätze vor, die gern auch einmal reichlich gaga klingen wie etwa: "Der Schlumpf pinkelt in die Ecke und weint." Daraus basteln die Spieler aus dem Stegreif Szenenminiaturen. Wobei dem Überraschungs- und Spontanitätsmoment natürlich Grenzen gesetzt sind. Ein jeder verfügt über szenische Versatzstücke und ein Repertoire an Figuren oder besser gesagt karikierenden Typenskizzen wie der bayerische Bierdimpfel, der verklemmte Beamte oder die frustrierte Ehefrau. Die kniffligste und lustigste Nummer ist eine Art "Was bin ich"-Spiel. Bei diesem wird ein "Experte", der nicht weiß, wen er darstellt, interviewt und muss anhand der Zeichen, die ihm sein Partner mit unter den Achselhöhlen hindurchgeschobenen Händen gibt, erraten, über welches Fachgebiet er gerade spricht.

Den Spaß an der Show, versichert Karin Krug, hätten sie bis heute nicht verloren. Schließlich stehe man immer wieder vor "irren Herausforderungen". So wünschte sich unlängst ein Zuschauer die Charakterisierung eines Einhorns. Dennoch, räumt sie ein: "Wir kämpfen beständig gegen die Routine. Sie gibt uns Sicherheit, zugleich müssen wir sie gezielt aufbrechen, sonst wiederholen wir uns so oft, dass wir uns und das Publikum irgendwann langweilen."

Für das Jubiläum hat sich das Fastfood Theater denn wieder einmal ein neues Format einfallen lassen. Eröffnet wird der Abend von dem auf zehn Spieler und vier Musiker erweiterten Klassiker "Best of Life". Im Anschluss daran stellt die Gruppe den Piloten der Serie "Phobing" vor, die in eine Kleinstadt im S-Bahn-Bereich führt. Dort trifft sich auf einer Reihenhausterrasse eine spleenige Familie, die sich in jeder Folge mit einer anderen Bedrohung konfrontiert sieht. Statt der vertrauten Miniszenen müssen die Spieler in der improvisierten Sitcom mit festen Rollen einen größeren narrativen Bogen spannen. "Wenn das Konzept funktioniert", glaubt Karin Krug, "wird es eine superwitzige Show zwischen Wahnsinn und Tiefsinn." Wenn nicht, schlittere der Abend ins Chaos. "Aber", erklärt sie, "es war einfach notwendig für uns, wieder etwas zu wagen."

Immer im Moment - 25 Jahre Fastfood Theater, Samstag, 1. April, 20 Uhr, Schlachthof

© SZ vom 01.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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