Im Kino: "1 1/2 Ritter":Willst du meine Lanze schmirgeln?

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Peinliche Promi-Parade: Til Schweiger hat den verhassten Kritikern eine Pressevorführung seines neuen Films verweigert. Nicht ohne Grund.

R. Gansera

"Jetzt hab' ich vergessen, was ich sagen wollte", murmelt Til Schweiger alias Ritter Lanze, als er zum ersten Mal seiner Herzelinde zwecks Liebeserklärung gegenüber steht. Ein Satz, der im Ohr bleibt. Denn "1 ½ Ritter", den Schweiger - wie seinen Superhit "Keinohrhasen" - als Produzent, Regisseur und Hauptdarsteller gestaltet hat, steckt voller Blackouts. Kein guter Witz, noch nicht einmal ordentlicher Klamauk.

Thomas Gottschalk ist nur einer von vielen prominenten Nebendarstellern in "1 1/2 Ritter - Auf der Suche nach der hinreissenden Herzelinde". (Foto: Foto: ddp)

Die Zündschnüre der Gags sind ellenlang, das Feuer kriecht daran entlang und vergisst unterwegs seine Bestimmung. Eigentlich sagt Ritter Lanzes füllig-gewellte Prinz-Eisenherz-Perücke, eine Hommage an die Frisur der amtierenden Kanzlerin, schon alles: eher peinlich als komisch. Eine Möchtegern-Ritterfilm-Parodie, gefertigt nach Schweigers Bekenntnis: "Flache Sachen funktionieren immer. Kopf gegen Eisengitter - das ist ein garantierter Lacher."

Eine Sache hat Ritter Til hingegen nicht vergessen: seine abgrundtiefe Abneigung gegen Filmkritiker. Wie schon bei "Keinohrhasen" verweigerte er auch bei "1 ½ Ritter" den Rezensenten die üblichen Pressevorführungen: "Die Hälfte der Journalisten schreibt doch aus Prinzip, dass meine Filme scheiße sind!" Seit Jahren schon pflegt der Vierundvierzigjährige seinen bisweilen paranoiden Kritiker-Groll. Man muss nur einmal hören, wie er das Wort "Feuilletonisten" zwischen den Zähnen hervorpresst.

Banal-Gags und Rudimentär-Slapstick

Was haben die Kritiker ihm angetan? Sie bejubelten seinen Film "Barfuß", mit dem er sich als ambitionierter Filmemacher Geltung verschaffen wollte, wohl nicht hinreichend genug. Immerhin erreichte die Romanze 1,8 Millionen Zuschauer. Das darauf folgende Selbstjustizdrama "One Way", das sich als Flop erwies, wurde von der Kritik aus guten Gründen ziemlich unisono verrissen, und Schweiger stöhnte auf: "Wenn so'n geiler Film so fertig gemacht wird!" Solcherart wird sich das Feindbild von der böswilligen Kritiker-Verschwörung herausgebildet haben.

Man kann Kritiker beschimpfen, vorzugsweise als impotente Neider. Man kann ihnen Prügel androhen (die Vilsmaier-Methode), man kann auch gleich, à la Herzog, die Pistole auf sie richten. Oder man kann ihnen eben die Pressevorführungen vorenthalten. Was nicht wirklich schlimm ist, nur lächerlich, und eine etwas kuriose Behandlung der Öffentlichkeit bei einem Filmprojekt, das mit reichlich öffentlichen Geldern gefördert wurde.

Gunter Groll, Filmkritiker dieser Zeitung in den fünfziger Jahren, formulierte es so: "Für große Teile der Filmindustrie ist Filmkritik immer nur zweierlei: gutwillige Gratisreklame, sofern sie lobt, und böswillige Geschäftsschädigung, sofern sie tadelt."

Fahren wir also mit der Geschäftsschädigung hinsichtlich "1½ Ritter" fort. Der Film ist gerade so lahm wie sein Trailer ihn ausweist. Eine Idee hat er: Im Mittelalter ist es genau so doof wie in der Jetztzeit. Seine Banal-Gags quälen sich durch Zotengelände ("Du willst dir deine Lanze schmirgeln?") und, angereichert mit Rudimentär-Slapstick (Kopf gegen Eisengitter), durch den hinlänglich abgegrasten Themenpark: Masturbation und Integration, Hodenschutz und Homophobie, Nutten und Nymphen.

In der Anlage der eigenen Figur - der muskelbepackte Ritter, der sich als Liebestrottel erweist - klopft Til Schweiger eine Formel flach, die in manchen seiner Filme ganz hübsch funktionierte: wenn er sich als ein eitler, selbstgefälliger, testosterongesättigter Macho präsentiert, der durch ein Bad aus Komik (Selbstironie) und Romanze gezogen wird und sich solcherart zu dem netten Kerl wandelt, der schon immer in ihm schlummerte.

Der totale Til

Bereits in seinen frühen Erfolgen als Darsteller ("Der bewegte Mann", "Männerpension") deutete sich diese Formel an, und seine Actionheld-Selbstparodie in Bully Herbigs "(T)Raumschiff Surprise" war tatsächlich hinreißend komisch. In "1½ Ritter" bleibt davon nur das dünnste Abziehbild.

Die Überfülle der etwa 25 Gastauftritte (unter anderem Roberto Blanco, Johannes Heesters, Helmut Markwort) führt dazu, dass "1½ Ritter" - der in weiteren Hauptrollen Rick Kavanian als halben Ritter, Julia Dietze als Herzelinde und Thomas Gottschalk als König Gunter zu bieten hat - schließlich wie eine Parade hurtig abgedrehter Einspieler für eine Promi-TV-Show aussieht.

Vielleicht übt Til Schweiger da schon für seine eigene Filmpreis-Gala. Die will er ja ins Leben rufen. Auch wenn es derzeit scheint, dass er das Vorhaben vergessen hat, das er Anfang des Jahres noch vehement vorantrieb. Das war kurz nach dem Streit mit der Deutschen Filmakademie wegen der Nicht-Nominierung von "Keinohrhasen" beim Deutschen Filmpreis.

Der schwer verärgerte Erfolgsritter veranstaltete damals sein kurzes Raus-und-wieder-rein-Spiel mit der Akademie und kündigte an, dass er einen "Deutschen Publikums-Kinopreis" ins Leben rufen wolle, "eine Mischung aus People's Choice Award und MTV-Movie Awards, mit ganz klassischen Elementen, aber auch anderen, eher witzigen Kategorien, alles gewählt vom Publikum selbst".

Für den Do-it-yourself-Til wäre diese Award-Show natürlich nur konsequent. Dann hätte er als total filmmaker alles in der Hand - vom Drehbuchschreiben übers Produzieren und Spielen bis zur Auszeichnung der eigenen Leistungen. Braucht er nur noch seine Kritiken selber zu schreiben.

1 ½ RITTER - AUF DER SUCHE NACH DER HINREISSENDEN HERZELINDE, D 2008 - Regie: Til Schweiger. Co-Regie: Torsten Künstler, Christof Wal. Buch: Oliver Philipp, Oliver Ziegenbalg. Kamera: Christof Wal. Mit: Til Schweiger, Rick Kavanian. Warner, 115 Min.

© SZ vom 20./21.12.2008/jb - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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