Im Kino: "Good Night, and Good Luck":Der Kommunistenjägerbesieger

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George Clooney hat einen eleganten McCarthy-Film gedreht: "Good Night, and Good Luck" heißt er, aber zur "Guten Nacht" bettet er nicht - und "Viel Glück" muss man ihm auch nicht mehr wünschen. Mit Bildergalerien und Trailer

Susan Vahabzadeh

Für einen, der noch vor ein paar Jahren gesagt hat, das Regieführen liege ihm nicht und er sei ja schließlich nicht Orson Welles, ist George Clooney ziemlich weit gekommen - bis zu einer Oscarnominierung als Regisseur für seinen zweiten Film, der zudem zu den besten gehört, die Hollywood in den vergangenen Jahren hervorgebracht hat. Unterhaltsam und witzig vermengt er Dokumentarisches mit einer wunderschön verrauchten Jazzkneipen-Eleganz. ¸¸Good Night, and Good Luck" ist vor allem ein sehr kluger Film - er begeht keinen Verrat an sich selbst, er simplifiziert sein Thema nicht und er wird trotzdem nicht trocken oder langweilig. Und er reflektiert die Gegenwart in einem Stückchen Geschichte, über dessen Bedeutung man sich heute eigentlich einig ist: Es geht um das Ende der McCarthy-Ära, darum, wie die Recherchen eines Fernsehmagazins dazu beitrugen, dass sich der Kommunistenjäger selbst demontierte.

Finden Sie den Fehler! Auf dem Bild stimmt etwas nicht - ein echter Film-"Goof". Wissen Sie, was nicht stimmt? (Foto: Foto: AP)

Eine beispielhafte Geschichte über Angst als Machtinstrument, über die Pflicht, in einer Demokratie alles zu hinterfragen, und die Rolle, die die Medien dabei spielen. Und über das Recht auf eine nachvollziehbare Anklage für alle, denen Verrat an dieser Demokratie vorgeworfen wird - McCarthys Angeklagte hatten zu den Beweisen, die er angeblich hatte, nicht mehr Zugang als die Häftlinge in Guantanamo.

Clooney steigt mit einer sehr entspannten Partyszene ein in diese Geschichte, der Jazz und das Kettenrauchen geben den Ton vor für den Film - der einzige Set, sagt Clooney, an dem die Leute vor die Tür gingen, um nicht zu rauchen. Der Fernsehjournalist Ed Murrow nimmt einen Preis entgegen und nutzt die Gelegenheit für eine Rede über die Zukunft des Fernsehens. Die Rede bildet den Rahmen für die Rückblenden, in der die Ereignisse der Jahre 1953/54 erzählt werden - McCarthy sitzt fest im Sattel, im Massenmedium Fernsehen wird er mit großer Vorsicht behandelt. Bis Murrow und seine Redaktion sich am Fall des Air-Force-Leutnants Milo Radulovich festbeißen, dem McCarthy und sein Komitee vorwerfen, seine Verwandten seien Kommunisten - ohne Beweis natürlich - und der deshalb von seinen Obersten entlassen wird.

¸¸Good Night, and Good Luck" ist bis auf wenige Ausbrüche ein Kammerspiel im CBS-Gebäude, was beiträgt zu der klaustrophobischen Atmosphäre in der Redaktion: Es geht um eine Gruppe von Menschen, die unter Druck stehen, Angst haben - sich aber weigern, ängstlich zu handeln. In ¸¸Good Night" wird eine bessere Welt beschworen, und in diesem Fall ist es sogar eine, die es tatsächlich mal gegeben hat. Murrow steckte in einem journalistischen Dilemma, als er sich auf den Zweikampf einließ. Er soll, mahnt ihn der CBS-Chef Paley, verdammt noch mal ausgewogen berichten. Was soll ich denn aber machen, antwortet Murrow, wenn einer zu hundert Prozent unrecht hat?

Clooney hat der Versuchung widerstanden, Murrow selbst zu spielen - er spielt dessen Sidekick, den Produzenten Fred Friendly, und vielleicht kann er da seine Verehrung noch besser ausdrücken für den lakonischen Helden Murrow, den David Strathairn als konzentrierten, bedächtigen Mann spielt. Clooneys Vater, der selbst Fernsehjournalist gewesen ist, hat ihn und seinen Co-Autor Grant Heslov vor vielen Jahren schon begeistert für Murrow - ¸¸Good Night, and Good Luck", das war der Satz, mit dem sich Murrow von seinem Publikum verabschiedete. Die Angriffe auf Clooney in den USA, als er partout den Irak-Krieg nicht gutheißen wollte, haben das Projekt dann beflügelt. Der lange Vorlauf hat dem mehrfach ausgezeichneten Drehbuch sicher gut getan. Es ist sehr textlastig, ohne sich zu verplappern. Murrows Monologe sind für Hollywood recht komplizierte Textbrocken, aber es geht ja ums Anstrengen, Zuhören, Hinterfragen. Dass das Ergebnis für sechs Oscars nominiert war und keinen bekommen hat, kann einen schon ein wenig wundern.

Die Geschichte wird zusammengehalten von Murrows medientheoretischer Rede und den Auftritten der Sängerin, die das Studio übernimmt, wenn die ¸¸See It Now"-Crew Feierabend hat. Es ist ein wunderbar stimmiger Film daraus geworden - eine wunderbare Besetzung, gute Leute hinter der Kamera. Geschnitten hat ¸¸Good Night" Stephen Mirrione, der einen Oscar bekommen hat für Steven Soderberghs ¸¸Traffic". Die Form hat das Schwarzweiß fast erzwungen, der dazwischengeschnittenen Orginalaufnahmen wegen - McCarthy spielt sich gewissermaßen selbst, in den Fernsehaufnahmen von damals. Es kommt einem ja manchmal so vor, als seien die Fünfziger - die Kindertage des Fernsehens, das erste flächendeckend dokumentierte Jahrzehnt - tatsächlich in Schwarzweiß passiert. Auf jeden Fall ist es im Kino immer noch die beste Art, den Geist vergangener Zeiten zu beschwören, eine coole Eleganz, in der sich ein hier verloren gegangenes Ehrgefühl erahnen lässt. Redford hat in ¸¸Quiz Show" davon erzählt, wie das Fernsehen seine Unschuld verloren hat - Clooney geht es um den Verlust der Ehre: Es ist zu viel Geld im Spiel, die Gesetze des Kapitalismus sind stärker als das eigene Gefühl für richtig und falsch.

Es geht auch ums Kino, um die Filme, die George Clooney und Steven Soderbergh machen wollten, als sie sich Ende der Neunziger zusammentaten. Der Blockbuster ¸¸Ocean"s Thirteen" soll demnächst noch mal ein paar ehrgeizige Projekte finanzieren. So wie bei Ed Murrow, der zur Strafe für akribisch recherchierte Quotenkiller ein Liberace-Interview führen muss - auch dafür hat Clooney Strathairn in das Original-Interview geschnitten, das rüberkommt wie ein Gespräch mit einem freundlichen Außerirdischen. Wie das, was Clooney und Soderbergh machen, immer noch ineinander greift, das sieht man an der einzigen Episode in ¸¸Good Night", die ins Privatleben schaut - zwei in der Redaktion, Robert Downey jr. und Patricia Clarkson, haben ein Geheimnis vor den anderen, und plötzlich sieht man sie zu Hause, gemeinsam - sie sind verheiratet, was bei CBS verboten ist. Downey schaut ihr beim Anziehen zu - genau den Auftritt hat er in Soderberghs ¸¸Eros"-Segment zu Ehren von Antonioni. Da spürt man dann die Einigkeit im Geiste. Clooney und Soderbergh wollen ihre Zusammenarbeit beenden, wenn die Verträge auslaufen - sie träumten von einem aufmerksamen, anspruchsvollen Publikum, das sie nicht immer gefunden haben

Das Fernsehen, sagt Murrow in seiner Rede, kann illuminieren und inspirieren, wenn man es richtig nutzt; sonst wäre es nichts als Drähte und Glühbirnen in einem Kasten. Darum geht es auch im Kino - ob es sich mit der Welt auseinander setzen und einem im Zweifelsfall den Nachtschlaf rauben soll, oder ob es nur das Begleitrauschen zum Popcornfuttern liefern darf. In Ed Murrow findet Clooney den Helden, der er selbst sein möchte auf einem anderen Terrain.

GOOD NIGHT, AND GOOD LUCK, USA 2005 - Regie: George Clooney. Buch: G. Clooney, Grant Heslov. Kamera: Robert Elswit. Schnitt: Stephen Mirrione. Mit: David Strathairn, George Clooney, Jeff Daniels, Robert Downey jr., Patricica Clarkson. Kinowelt, 93 Min.

© Quelle: Süddeutsche Zeitung Nr.80, Mittwoch, den 05. April 2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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