Im Kino: "Bank Job":Liebe im Tresorraum

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Hoffnung auf ein Abenteuer: In Roger Donaldsons Thriller "Bank Job" ist London ein degeneriertes Neverland, wo sich statt der Piraten und Indianer dreiste Pornomacker und korrupte Cops tummeln.

Fritz Göttler

Es gibt sagenhafte Momente von Lebenslust in diesem Film, immer wieder sind, unvermutet, für Sekunden nur, eine Energie und eine emotionale Intensität zu spüren, die man dieser heruntergekommenen, manchmal richtig schmuddeligen Stadt London gar nicht mehr zugetraut hätte, eine Erwartung von wirklichem Abenteuer, vom großen Coup.

Die Reste der Swinging Sixties im Film "Bank Job". (Foto: Foto: ddp)

Die Zappeligkeit eines jungen Burschen zeugt davon, der für die Kumpel Schmiere stehen soll über den Dächern von London, bei einem Bankraub, der mit großem Enthusiasmus und leider noch größerem Leichtsinn durchgeführt wird. Was auch damit zusammenhängt, dass eine Verführung an seinem Anfang steht - Martine Love (Saffron Burrows) hat ihren alten Freund Terry (Jason Statham) ohne größere Mühe angestiftet, in den Tresorraum der Lloyds-Bank einzudringen.

Auch Martine arbeitet fremdbestimmt, der MI5 benutzt sie, um ein Foto sicherzustellen, das im Tresor deponiert wurde und das dokumentiert, wie ein Mitglied der königlichen Familie in der Karibik fremdgeht. Völlig logisch also, dass auch Martine und Terry nach dem großen Durchbruch erst mal eine Pause anordnen und im Tresorraum Liebe machen - sie wissen, dass ihre Beziehung draußen keine Chance haben wird.

Der "Bank Job" nimmt das beliebte Heist-Filmgenre, des raffinierten und cool exekutierten Einbruchfilms gehörig auseinander - Regisseur Roger Donaldson kann sich da auf Vorarbeit von Leuten wie Kubrick und Soderbergh stützen. Das Jahr ist 1971, der Film basiert auf einem realen Fall, der damals England erschüttern hätte können, wenn der Geheimdienst und die verantwortlichen Politiker es zugelassen hätten, dass die Geschichte an die Öffentlichkeit geraten wäre. Nun, 35 Jahre später, in einer rasanten Kinoversion, sind wir doch ziemlich amused darüber.

Es ist im Rückblick nicht sehr viel übriggeblieben von den Swinging Sixties, nichts passt mehr zusammen, von der Mode bis zu den Gefühlen. Der Tod ist ständig präsent, bei ihrer Tunnelaktion werden die Räuber mit alten Gebeinen und Schädeln konfrontiert. London ist ein degeneriertes Neverland, wo statt der Piraten und Indianer dreiste Pornomacker, korrupte Cops und aufgeblasene Black Muslims sich tummeln, wo Menschenverachtung auf allen Seiten praktiziert wird, Sadomasochismus, Erpressung und Folter.

Und wo Menschen eiskalt auf Aufgaben angesetzt werden, die eine Nummer zu groß für sie sind und bei denen das offene Grab schon wartet - die perfekte Kollateralschaden-Strategie. Die Unschuld des Actionfilms ist verloren, man fragt sich wirklich, ob er eine Unschuld jemals besessen haben kann.

Roger Donaldson ist ein Meister der Ausweglosigkeit, des "No way out"-Kinos - im Jahr 2000 hat er das in seinem Kubakrisen-Thriller "Thirteen Days" auf die Spitze getrieben. Zu viel Überschwang ist bei den Aktionen im "Bank Job" im Spiel, zu viel Überheblichkeit. Der einzige wirkliche Profi taucht gegen Ende auf, das ist der alte Lord Mountbatten. Der kriegs- und politikerfahrene Lord ist die einzige Vertrauensfigur, er wird geholt, um den ganzen Schlamassel wieder in Ordnung zu bringen. Er freut sich wirklich, noch einmal an vorderster Front dabei zu sein. Und als er das besagte Foto mit Princess Margaret sieht, kann er sich ein anerkennendes "Früchtchen" nicht verkneifen.

THE BANK JOB, GB 2008 - Regie: Roger Donaldson. Buch: Dick Clement, Ian La Frenais. Kamera: Michael Coulter. Schnitt: John Gilbert. Mit: Jason Statham, Saffron Burrows, Daniel Mays, Stephen Campbell Moore, James Faulkner, Alki David. Kinowelt, 110 Minuten.

© SZ vom 19.6.2008/korc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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