Im Gespräch: Daniel Craig:"Druck ist notwendig"

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"Ich hoffe, jemand weiß, was unsere Geheimdienste da draußen machen": Bond-Darsteller Daniel Craig spricht über Agenten, störenden Sex und den Stil der frühen Jahre.

F. Arnold

Den Arm trägt er nicht mehr in der Schlinge, dafür ist Bond-Darsteller Daniel Craig schon am Nachmittag vor der Deutschlandpremiere in Berlin in eleganten Zwirn gehüllt - durchaus very british. Die Einspielergebnisse der Länder, in denen Bond Nr. 22, "Ein Quantum Trost" bereits angelaufen ist, sind ermutigend - aber wird er Nr. 21, "Casino Royale", in dem Craig seinen ersten Auftritt als Bond hatte, übertreffen - der bislang der erfolgreichste Bond aller Zeiten war?

Geht es nach Daniel Craig, bleibt James Bond very british. (Foto: Foto: Getty Images)

SZ: Mr. Craig, verliert James Bond im Zeitalter der Globalisierung nicht ein Stück seiner britischen Identität?

Daniel Craig: Ich hoffe, er bleibt so britisch, wie es ihm möglich ist. Ich kann das nur so sagen, weil ich britisch bin und deshalb bestimmte Sachen verstehen kann, die britisch an ihm sind. Ian Flemings Bond der Nachkriegszeit ist sicher anders als der Bond von heute, so wie das Großbritannien jener Zeit anders war. Ich hoffe, es gibt heute eine gewisse Integrität in jenem Teil der Regierung, der unsere Geheimdienste steuert. Daran glaube ich, darüber phantasiere ich zumindest: Dass jemand weiß, was wir da draußen machen. Anderenfalls sind wir wirklich in der Sch...

SZ: Ist ein CIA-Kollege wie Jason Bourne, der sich in den letzten Jahren mit einer erfolgreichen Filmtrilogie etablierte, nicht auch eine Bedrohung - gerade weil der neue Bond, wie Sie ihn verkörpern, sich auch durch Härte auszeichnet?

Craig: Wir haben "Ein Quantum Trost" sehr klassisch gefilmt, die Verfolgungsjagd in Siena etwa mit sechs Kameras, mit Kran- und Schienenfahrten, die "Bourne"-Filme sind zu 90 Prozent mit Handkamera gedreht. Und wir fahren in allen Szenen zurück, wir öffnen den Raum, damit der Zuschauer sich orientieren kann. Das ist mehr alte Schule. Die Bond-Filme, die Marc Forster und ich am meisten schätzen, sind die der frühen sechziger Jahre, besonders "Dr. No" und "Liebesgrüße aus Moskau". Die prägten nicht nur eine Menge anderer Filme, ihr Look und ihr Stil waren auch ein wichtiger Einfluss für Marc, seinen Production Designer und seinen Kameramann. Wir sind in gewisser Weise dahin zurückkehrt, auch wenn unser Film in einer Welt modernster Technologie spielt.

SZ: War Ihnen denn von Anfang an klar, dass dieser Film die direkte Fortsetzung von "Casino Royale" sein würde?

Craig: Nein, diese Entscheidung fiel erst Anfang letzten Jahres, als die Gespräche mit den Autoren begannen. Aber sie bestimmt den Film. In "Casino Royale" hat sich Bond verliebt, sein Herz wurde gebrochen. Das leitet sein Handeln in dieser Geschichte. Wenn er nun zwischendurch mit zehn verschiedenen Frauen ins Bett gestiegen wäre, hätte ich das als störend empfunden. Dafür wird es in künftigen Filmen noch genug Gelegenheiten geben. Solche Entscheidungen muss man treffen, das ist wie mit dem Satz "Mein Name ist Bond, James Bond", den haben wir gedreht, aber Marc hat ihn schließlich herausgenommen. Das muss zueinander passen, wir müssen auch an die Zuschauer denken, für die dies der allererste Bond ist.

SZ: Das Drehbuch dieses Films wurde ursprünglich von dem Autorenduo Purves & Wade geschrieben, dann hat Paul Haggis es überarbeitet, und schließlich war bei den Dreharbeiten noch ein weiterer Autor am Set, der dafür keine Nennung bekommen hat. Wie hat sich das Drehbuch im Lauf der Zeit verändert?

Craig: In vielerlei Hinsicht ziemlich drastisch, das kann ich sagen, weil ich von Anfang an involviert war. Marc und ich haben relativ früh entschieden, dass wir in diesem Film erforschen wollten, was es mit der Idee vom "Quantum Trost" auf sich hat, also dieser Moment des inneren Friedens, den Bond verloren hat, weil er seine Liebe verloren hat. Und es geht darum, wer deine Freunde und Verbündeten sind, wem du trauen kannst - Figuren wie M oder Felix Leiter. Bond zieht seine Stärke daraus, dass er Menschen findet, denen er trauen kann. Mit diesen zwei Filmen haben wir dieses Arrangement gefestigt, beim nächsten Mal könnten wir sogar Miss Moneypenny und Q wieder auftauchen lassen, oder U-Boot-Stützpunkte unter Vulkanen. Die Rollen von Q und Moneypenny sollte man übrigens den besten Schauspielern anbieten und fragen: Was wollt ihr damit machen? Das würde die Filme reicher machen.

SZ: Marc Forster kommt aus einer anderen Tradition des Filmemachens, vom Arthouse-Kino. Dies ist sein erster hochbudgetierter Actionfilm - wie wirkte sich das bei den Dreharbeiten aus?

Craig: Zunächst einmal ist diese Tradition für mich nichts Fremdes, ich habe den größten Teil meiner Karriere mit solchen Regisseuren gearbeitet. Im Übrigen ist Marc ein Filmliebhaber, der sehr gut vorbereitet an den Set kommt - aber das ist eigentlich bei allen großen Regisseuren der Fall, egal wie hoch das Budget ist. Marc weiß sich auch mit den richtigen Leuten zu umgeben, das ist ebenfalls eine wichtige Fähigkeit.

SZ: Dies ist der kürzeste Bond ...

Craig: Das hängt auch mit der kurzen Zeit zwischen Drehende und Premiere zusammen. Marc musste viele Entscheidungen fällen, dadurch bekommt der Film eine Unmittelbarkeit, die er vielleicht nicht hätte, wenn wir mehr Zeit gehabt hätten oder wenn der Film länger geworden wäre. Ich denke, so ein Druck ist notwendig, damit gute Filme entstehen.

© SZ vom 07.11.2008/jb - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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