Hochzeit der Kulturen:Bollywood erobert Hollywood

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Der indische Unternehmer Anil Ambani investiert eine Milliarde Dollar in US-Filme. Denn der Milliardär will dringend mehr Aufmerksamkeit für sich erheischen.

Oliver Meiler

Diese spektakuläre Meldung passt zum Refrain der rotierenden Weltwirtschaftsordnung, wundern muss sich also keiner mehr: Ein indischer Großindustrieller und Produzent aus Bollywood eilt der kriselnden amerikanischen Filmindustrie in Hollywood zu Hilfe und investiert eine Milliarde Dollar.

Anil Ambani, 48 Jahre alt, Chef des Unterhaltungskonzerns Reliance Big Entertainment aus Bombay, wird über die kommenden zwei Jahre zehn große Filme mitfinanzieren, die ohne sein Geld wohl nicht in die Kinos kämen. Filme aus den Studios von George Clooney, Jim Carrey, Brad Pitt, Nicolas Cage und Tom Hanks. Das soll nur der Anfang einer arrangierten Hochzeit der Kulturen sein.

Mit den globalen Stars in die Schlagzeilen

In die kreative Arbeit der Filmregisseure will Ambani nicht eingreifen. Er will seinem Konzern einfach ein lukratives Geschäftsfeld eröffnen. Die globalen Stars sollen seinem Unternehmen Glanz verleihen. Auch für sich selbst sucht er den Auftritt auf großer Bühne, das Blitzlicht, die Schlagzeilen in den bunten Blättern.

Anil Ambani ist nicht nur ein erfolgreicher und innovativer Unternehmer aus der mächtigsten Industriellendynastie Indiens. Er ist auch eine Persönlichkeit mit einer Schwäche für exklusive Mode, verheiratet mit einem früheren Bollywood-Star.

In der alten Welt mag man ihn noch nicht kennen; in seiner Heimat ist er etwa so bekannt wie Bill Gates in den Vereinigten Staaten. Und auch fast so reich. Das Wirtschaftsmagazin Forbes, das ja gerne nachrechnet, schätzt sein Privatvermögen auf 43 Milliarden Dollar. Nur fünf Menschen auf der Welt sind noch reicher als Anil Ambani.

Lange um Erbe gestritten

Einer von ihnen ist der etwas reserviertere Bruder Mukesh, zwei Jahre älter als Anil, eine Milliarde reicher, die Nummer fünf der Welt. Und das ist ein Problem. Die beiden mögen sich nicht. Anil und Mukesh haben sich nach dem Tod ihres Vaters, des viel gerühmten Wirtschaftsrevolutionärs Dhirubhai Ambani, Gründer des Kunststoff- und Ölkonzerns Reliance, lange um das Erbe gestritten.

Das war vor sechs Jahren. Sie stritten mit solcher Inbrunst, dass die belustigte Presse ein episodenreiches Lehrstück daraus machte. Am Ende wurde das Familienimperium Reliance, das 3,5 Prozent zum indischen Bruttosozialprodukt beiträgt, in zwei gleiche Teile geteilt. Mukesh erhielt das Öl, die Chemie, die Supermärkte. Anil die Telekommunikation, den Strom, das Filmgeschäft. Das passte gut.

Doch die brüderliche Rivalität ging weiter. Wahrscheinlich trieb sie nun auch Anils Expansion nach L.A. an. In letzter Zeit war Mukesh öfter in den Schlagzeilen. Er lässt sich gerade mitten in Mumbai eine Privatresidenz mit sechzig Stockwerken bauen, kaufte sich einen Profiverein des Nationalsports Cricket, die Mumbai Indians, und die Flotte seiner Privatjets wird auch immer größer.

Konter mit zwanzig Sendern

Das wirft etwas viel Schatten auf Anil. Er kontert mit einer Fernsehplattform mit zwanzig Sendern, neuen Kinosälen im ganzen Land und nun also mit Tom Hanks, George Clooney & Co. Big Entertainment eben.

Ein indisches Magazin berichtet von einer skurrilen Eigenwilligkeit Anil Ambanis: Bevor er ins Ausland fährt, küsse er die Füße seiner Mutter. Der perfekte Schwiegersohn für Hollywood, mit dem Pathos aus Bollywood.

© SZ vom 23.5.2008/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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