"Hitchhikers Guide" im Kino:Recht entspannt mit gewaltigen Durchhängern

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Puff, macht da unter anderem das komplette Lebenswerk von Jürgen Habermas, doch abgestürzt ist der Film: Der Klassiker "Per Anhalter durch die Galaxis" knallt nicht im Kino. Dafür ist es dann doch zu dumm.

TOBIAS KNIEBE

Man muss diese Stimme, wenn es irgendwie geht, im Original hören.

Am Ende geht es also wieder nur um die Liebe, und der Film wird zur romantischen Komödie. (Foto: N/A)

Denn es schwingt viel darin mit, was in jeder Übersetzung verloren geht: Die angeborene Grausamkeit der britischen Upper Class, an der man die Konsonanten wetzen kann, bis sie schärfer schneiden als jedes Rasiermesser; die komischen Nuancen des Englischen, unendlich in ihrer Vielfalt und so subtil, dass es der reinste Snobismus ist; und nicht zuletzt die Überzeugung, dass Großtaten des Geistes wie ein Martini serviert werden sollten: staubtrocken, perfekt gekühlt und nur mit der Ahnung einer Olive.

Die Stimme gehört dem Schauspieler Stephen Fry, aber sie verwandelt sich sofort in die Stimme von Douglas Adams: Ein Meister, der aus dem Jenseits zu seinen Jüngern spricht, von der Größe, der Schönheit, der hirnsprengenden Kontingenz und aberwitzigen Sinnlosigkeit des Universums: "Far out in the uncharted backwaters of the unfashionable end of the Western spiral arm of the Galaxy lies a small unregarded yellow sun ..."

Diese Stimme, diese Worte sind der Star des Films "Per Anhalter durch die Galaxis".

Schon wahr, es gibt auch Menschen aus Fleisch und Blut, jede Menge Aliens und einen depressiven Roboter namens Marvin - aber das ist nichts gegen die Macht des Erzählers.

Douglas Adams war selbst eine so raumgreifende Persönlichkeit, dass seine Helden immer ein wenig blass neben ihm wirkten: Der milde Brite Arthur Dent (Martin Freeman), der smarte aber auch ziemlich undurchschaubare Weltraum-Anhalter Ford Prefect (Mos Def), der überkandidelte, zweiköpfige Präsidenten-Darsteller Zaphod Beeblebrox (Sam Rockwell) und das mittelverrückte Huhn Trillian (Zooey Deschanel).

Der Anfang ihrer Abenteuer ist wunderbares, klassisches Geschichtengut: Arthurs Haus auf dem Land muss einer Umgehungsstraße weichen, wogegen er erfolglos protestiert - schließlich lagen die Pläne neun Monate im lokalen Planungsbüro aus.

Minuten später muss allerdings auch die Erde einer Hyperraum-Umgehungsstraße weichen, wogegen die Menschheit erfolglos protestiert - immerhin lagen die Pläne 50 Erdenjahre auf Alpha Centauri aus.

Arthur und Trillian sind die einzigen Erdlinge, die überleben - und treiben mit ihren außerirdischen Freunden ein wenig ziellos durch den Weltraum.

Die große Reise des mythischen Helden, die Wunder des Universums als Lernerfahrung und Bildungsroman, der ewige Kampf zwischen Gut und Böse - für dieses simple Handlungsgerüst war Adams einfach zu schlau.

Stattdessen nutzt er die Unternehmungen seiner Helden, um bei jeder Gelegenheit in absurde Anekdoten abzuschweifen, überall kleine Erfindungen und Denksportaufgaben einzubauen - und unter der Hand die philosophischen Gewissheiten des Abendlands zu zertrümmern.

Man denke nur an jenes kleine gelbe, schlüpfrige Wesen names Babelfisch, das sich im Gehörgang seines Wirts festsaugt, von Hirnströmen ernährt und alle Signale der Galaxis in verständliche Sprache übersetzen kann.

Für einen Augenblick eröffnet sich hier die lang erträumte Möglichkeit universaler, herrschaftsfreier Kommunikation - aber dann erfahren wir, dass der Babelfisch, genau deshalb, "mehr und blutigere Kriege auf dem Gewissen als sonst jemand in der ganzen Geschichte der Schöpfung".

Puff, macht da das komplette Lebenswerk von Jürgen Habermas - und das schon im Jahr 1978.

Alles, wofür der 2001 viel zu früh an einem Herzinfarkt verstorbene Douglas Adams von Millionen Fans verehrt wird, steckt in solch bitterbösen - und vermutlich wahren - Aperçus.

Sie funktionierten wunderbar in der Form des Hörspiels, damit begann der Anhalter-Kult auf BBC Radio 4. Sie funktionierten genauso perfekt in Buchform, im Lauf der Jahre wuchs die Saga auf fünf Bände an, obwohl sie offiziell immer noch als Trilogie firmiert.

Auch als Computerspiel und Fernsehserie gelang die Adaption, Adams selbst wirkte mit und erfand ständig neue Variationen. Als zähestes Medium erwies sich der Film - mehr als 20 Jahre vergingen mit Versuchen, den Stoff in eine kohärente Zwei-Stunden-Dramaturgie zu zwingen.

Noch kurz vor seinem Tod schrieb Adams selbst eine Drehbuchfassung, die nun als Grundlage dient, und alle neuen Elemente hatten noch seinen Segen. Dennoch: Möglicherweise ist das Kino, dieses haarsträubend direkte Eins-zu-Eins-Medium, für den Geist von Douglas Adams ein bisschen zu dumm.

Denn die geniale Stimme des Autors darf natürlich nicht ständig reden. Also ist der Babelfisch zwar drin, aber für die Information, wie viele Kriege er auf dem Gewissen hat, reichte die Zeit nicht mehr - so fällt die entscheidende Pointe unter den Tisch.

Was bleibt, ist ein immer noch sehr britischer, von dem Newcomer Garth Jennings recht entspannt inszenierter Film mit gewaltigen Durchhängern. Das größte Problem ist die Tatsache, dass das Kinopublikum gern Antworten verlangt - mit der Ansage "42" allein kann man es kaum ruhig stellen. Daran ist Adams fast verzweifelt, und auch seine Erben fanden nur eine Notlösung: Die Antwort, die Arthur nun für sich entdeckt, heißt Trillian. Am Ende geht es also um die Liebe, und der Film wird zur romantischen Komödie, wo alle Kreaturen und Wunder des Universum nur noch einen Job haben - mitzuhelfen, dieses Paar endlich zusammenzubringen.

Es klingt wie ein fades bildungsbürgerliches Klischee - aber der beste Effekt des Films ist wirklich, dass man die Originalquellen, in welcher Form auch immer, sofort wieder studieren will. Nur sie haben diese brillante, frostige Beiläufigkeit, die Adams' Witz seine Vernichtungskraft verleiht. Ein gutes Beispiel dafür ist die letzte Nachricht der Delfine, die vergeblich versuchen, die Menschen vor der Zerstörung ihres Planeten zu warnen. Ihre Botschaft wird als komplexer Versuch eines doppelten Rückwärtssaltos interpretiert, elegant gepaart mit dem Abzwitschern der amerikanischen Nationalhymne - nebenbei erfährt man, dass der wahre Text wie folgt lautet: "Macht's gut und danke für den Fisch." Im Film sieht man, wie die Delfine ein dreiminütiges Wasserballett aufführen, ihr Abschiedsgruß läuft als Song dazu. Der Witz hat damit seine wahre Schärfe verloren.

THE HITCHHIKER'S GUIDE TO THE GALAXY, USA/UK 2005 - Regie: Garth Jennings. Buch: Douglas Adams, Karey Kirkpatrick. Kamera: Igor Jadue-Lillo. Musik: Joby Talbot. Mit: Sam Rockwell, Mos Def, Zooey Deschanel, Martin Freeman, Alan Rickman, Stephen Fry, John Malkovich. Buena Vista, 103 Minuten.

© SZ v. 08.06.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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