Herbert Feuerstein wird 70:Jubeltheater

Lesezeit: 2 min

"Du hast mir schon zwei Jahre nach dem Beginn von 'Schmidteinander' versprochen, dass du dich umbringst": Herbert Feuerstein feiert seinen 70. Geburtstag mit Harald Schmidt auf dem Rhein.

Hans Hoff

Wenn deutsche Theatermenschen Mangel an neuen Stücken beklagen, dann sollten sie am heutigen Freitag ins WDR Fernsehen schauen. Dort läuft nämlich ein ganz besonderes Kammerspiel. Offiziell heißen die 75 Minuten "Herr Feuerstein wird 70, und Herr Schmidt bejubelt ihn". Würde man nun ein paar Nichtigkeiten weglassen, etwas straffen, käme man locker auf einen Dreiviertelstünder, der sich unter dem Titel "Der 70. Geburtstag oder Die Rheinfahrt der alten Männer" hervorragend in manches Repertoire schmiegen würde.

Vorabgeburtstagsfeier:Harald Schmidt und Herbert Feuerstein auf dem 1938 vom Stapel gelaufenen Motorschiff "Stadt Köln". (Foto: Foto: WDR)

Vordergründig geht es um den 70. Geburtstag, den Herbert Feuerstein nach eigenen Angaben heute wohl eher nicht feiern wird. Stattdessen hat er sich vorab auf ein Rheinschiff bitten und dort von seinem früheren "Schmidteinander"-Partner Harald Schmidt empfangen lassen. Gemeinsam schaukeln sie auf den Wellen und lassen sich von einem Sternekoch bewirten. Doch das Mahl ist Nebensache, was zählt, ist das, was die beiden Herren sagen, vor allem aber, was sie nicht sagen, was nur leere Blicke und mimisch angedeuteter Daseins-Ekel nahe legen.

Sie sagen nicht, dass sie sich eigentlich nicht mögen. Immerhin deuten sie an, dass sie einander viel zu verdanken haben. "Ohne dich gäbe es keine Late Night. Du hast mich aufs Gleis gesetzt", lobt Schmidt den Jubilar und legt schon mal die Minuten für dessen Nachruf fest: "Ich glaube, dass du einsdreißig in den Tagesthemen kriegst."

Für klamaukig gestimmte Zuschauer dürfte dieser vom Schnittredakteur Klaus Michael Heinz genial zusammengestellte Film todlangweilig ausfallen. Für alle, die hingegen Spaß daran haben, älteren Herren beim Zelebrieren ihrer Unlust an sich, dem Leben und dem Fernsehen sowieso zuzusehen, ist es ein Genuss.

"Du bist menschlicher geworden", lobt Feuerstein sein Gegenüber, um sich dann schrittweise zurückzuziehen: "Also einen Hauch, also nicht doll, ein bisschen halt." Schmidt will dauernd wissen, wie Feuerstein am Salzburger Mozarteum Thomas Bernhard begegnet ist, erhält aber kaum befriedigende Antwort. Dafür bekommt der ARD-Programmdirektor Günter Struve einen weg, den Schmidt bekanntlich für den letzten großen Wahnsinnigen im deutschen Fernsehen hält. "Der ist so quallig", nörgelt Feuerstein. Dann üben sie noch Hans-Moser-Parodien.

Dieser Film, den Schmidt "etwas sehr Witziges" nennt, ist ein tiefer Blick in die Abgründe der Herren. Es ist auch die laut gestellte Frage, ob es einer wie Oliver Pocher demnächst schafft, annähernd jene Dynamik zu erzeugen, die jedes Treffen zwischen Schmidt und Feuerstein bislang zum besonderen Moment machte. Es ist auch ein Film der unerfüllten Wünsche. "Du hast mir schon zwei Jahre nach dem Beginn von 'Schmidteinander' versprochen, dass du dich umbringst. Nichts ist passiert", klagt Schmidt.

Nichts ist passiert und doch so viel. Großes Theater eben.

Herr Feuerstein wird 70, und Herr Schmidt bejubelt ihn, WDR, Freitag, 21.45 Uhr.

© SZ v. 15.6.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: