Hauptpreis:Besonderes Örtchen

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Anja Uhlig und das Klohäuschen

Das Klohäuschen konnte Anja Uhlig zur Preisverleihung nicht mitbringen, dafür aber jede Menge Mitstreiter, die den kleinen Ort regelmäßig bespielen und gemeinsam mit Uhlig feiern wollten.

Bittet man Uhlig und das Klohäuschen aber um eine Selbstbeschreibung in der Länge, sagen wir, eines Tweets, wird die sonst so sprühende Anja Uhlig ganz zögerlich. Geschwind zwitschert hingegen das Klohäuschen: "Ich bin die Königin der Herzen!" Das Klohäuschen, sagt Anja Uhlig, seine Dolmetscherin, neige eben manchmal ganz schön zum Größenwahn.

Als Anja Uhlig das Herrenpissoir außer Dienst 2008 kennenlernte, befand es sich in einem jämmerlichen, unappetitlichen Zustand. Man hatte es vergessen, dort am Westtor zur Großmarkthalle in Sendling, wo es seit 1912 steht. Uhlig gelang es, einen Schlüssel und einen Mietvertrag zu bekommen. Hinter der traurigen Fassade in verkochtem Erbsengrün kamen nicht nur vanillegelbe Kacheln, sechs Urinale und eine Sichtschutzwand aus 52 Glasbausteinen zum Vorschein, sondern - viele Putzstunden später - auch das große Herz des acht Quadratmeter großen Ortes.

Heute, 95 Kunstereignisse später, ist das Klohäuschen etwas ganz Eigenes, weder Galerie noch Szenetreff, sondern ein kleines Epizentrum der Münchner Kultur, ein Ort permanenten Staunens. Feinstoffliche Wesen haben dort geturnt, Faultiere geschnarcht, Staubsauger gesungen, es gab Haar-Picknicks, lichtkinetische Experimente, Aktionskunst mit Äpfeln und Kurkuma. Das Klohäuschen verbindet mittlerweile kreative Menschen aus Spitzbergen und Sidney, Mailand und Athen, aus der Thalkirchner und der Implerstraße.

Sie sei Künstler, Coach und jemand, der die Welt echt toll findet, sagt Anja Uhlig über sich. Ihr und dem Klohäuschen gelingt es auf jeden Fall, viele andere zu ermutigen, die Welt ein wenig aufregender und schöner zu sehen.

© SZ vom 20.04.2018 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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