Harald Schmidt im "heute-journal":Ein Hape Kerkeling ohne Perücke

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Auf seiner langen Reise zu sich selbst machte Harald Schmidt, sonst in ARD-Diensten, beim ZDF in Mainz-Lerchenberg Station - er gab am Nachrichtenpult vom "heute-journal" dem Affen Zucker.

Hans-Jürgen Jakobs

Einer der großen Helden des deutschen Fernsehens ist Hape Kerkeling: Er hat ja bekanntlich als Horst Schlämmer oder Königin Beatrix seine Umwelt überrascht. Mit Rollenspielen jeglicher Art hält es auch Harald Schmidt, den sie mal "Dirty Harry" nannten und der sich seit Monaten in der ARD in allen möglichen Erscheinungsformen zeigt: als Sport-Plauderer mit Waldemar Hartmann, Politpräsentator bei "Report", Quizonkel mit "Pssst ..."-Faktor oder Entertainer in der Bambi-Gala.

Harald Schmidt moderiert das "heute-journal" (Foto: Foto: ddp)

Welch eine Narretei neben seiner eigenen Show, die mittwochs und donnerstags zum Kummer seiner Arbeitgeber nicht viele Zuschauer anlockt.

Harald Schmidt, der Hape Kerkeling ohne Perücke, ist auf seiner Erkundungstour nun auch im ZDF gelandet, das dem Witzbold einen Einmal-Moderationsjob ausgerechnet in der Vorzeigesendung "heute-journal" ermöglichte. Da saß er also am Donnerstag, 21.45 Uhr, ganz links im adretten Vorstandsassistenten-Anzug, gleich neben Hauptmacher Claus Kleber.

"Uns geht es gut!" Wirklich?

"Uns geht es gut", eröffnete Kleber seine Aktualitätenschau, und meinte damit die Deutschen. Doch wenn man an die Aushilfstätigkeit Schmidts dachte, konnte man sich nicht so sicher sein über die Analyse, es gehe dem ZDF wirklich gut.

Kleber fragte den nach einem Attentat querschnittsgelähmten Innenminister Wolfgang Schäuble, ob ihn eigene Erfahrungen im Kampf gegen den Terrorismus hart gemacht hätten. Dann ging es um das Verbrechen von Blacksburg, um "Gefahrenabwehr in ganz großem Stil", um den "Quell der Freude" bei der Bundesagentur für Arbeit. Alles ganz schön blumig.

22.04 Uhr: Da redete Kleber dann auf einmal über ein eigenes Personalproblem, also dass für Klaus-Peter Siegloch ja ein Moderationsnachfolger gesucht worden war. Das ZDF spielte Schmidt aus einer Folge seiner ARD-Show ein, in der er sich selbst empfohlen und beworben hatte: "Ich bin nicht ausgelastet." Eine solche Bewerbung könne einer "aufgeschlossenen Redaktion nicht entgehen", befand Kleber und schwadronierte vom "Bewerber der Extraklasse". Der Belobigte lobte zurück: "Vielen Dank für die Einladung."

Nachdem Gundula Gause News aus der Wirtschaft präsentiert hatte, sagte Schmidt in einer länglichen Moderation erster Güte einen Beitrag über den Dokumentarfilm "Die Hochstapler" an, was irgendwie zu diesem bunten Abend passte. Der Gastarbeiter von der ARD lobte die Werte "Demut, Ehrlichkeit, Bescheidenheit" und führte aus, "gerade wir älteren Menschen sind zu gutgläubig". Das werde schamlos missbraucht, etwa an der Haustür. Schmidt redete davon, dass "die kalte Hand der Versuchung auch uns ergreift".

Eine Parodie auf Siegloch

Am Ende dieser merkwürdigen Show, die eine Versuchung war, saß Harald Schmidt auf Klebers Platz und ahmte jenen Klaus-Peter Siegloch nach, den er für diesen Abend ersetzen sollte. "Das war's für heute vom ZDF", flötete er und schlängelte den Oberkörper in die Kamera. Er kündigte noch die nachfolgende Maybrit Illner an und wünschte mit sieglochschem Lächeln "einen schönen Abend".

Da haben sie aber gelacht im Studio auf dem Mainzer Lerchenberg und sie haben gleich den Kollegen erkannt, der da imitiert wurde. Nach seinem Ausflug in die Nachrichtenwelt des ZDF, die offenbar auch eine Zirkuswelt ist, wird Harald Schmidt im Zweiten bald in anderen Funktionen zu sehen sein: als Passagier in der Sendung "Traumschiff" und in der Familienserie "Unser Charly" als Obdachloser, der dem Affen sozusagen Zucker gibt.

Wer weiß, vielleicht schreibt er ja irgendwann ein Buch über die Welt, wie er sie sieht und wie sie ihm zu Füßen lag. Und sicher kommt es ja irgendwann zum Gipfeltreffen mit Hape Kerkeling.

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