Glosse:134340

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Der Ex-Planet Pluto mag mickrig sein, als Kunstwerk ist er grandios.

Von Reinhard J. Brembeck

Es läuft derzeit nicht gut für Pluto. Allerdings wird ihm, dem demissionierten römischen Unterweltsgott (Hades bei den Griechen), dessen derzeitiger Aufenthaltsort im Universum erst 1930 entdeckt wurde, das vermutlich völlig egal sein. Oder lässt es ihn doch nicht kalt, dass zuletzt immer öfter an seinem Image gekratzt wird? Die gerade veröffentlichten ersten Paparazzifotos von der Oberfläche des Pluto jedenfalls sind alles andere als schmeichelhaft, zeigen sie doch einen pubertär pickeligen Pluto, was bei dessen Alter von mehreren Milliarden Jahren seltsam anmutet. Oder sollte er sich die Pickel in der nur schäbig (aus Geldmangel?) erleuchteten römischen Unterwelt zugezogen haben?

Seinen schwarzen Donnerstag aber erlebte Pluto am 24. August 2006, als ihm die Generalversammlung der Astronomen kurzerhand den Status eines Planeten aberkannte, weil zu klein und mit zu großen Monden bestückt, und ihn mit der Kleinplanetennummer 134340 abspeiste. Was für eine Schande.

Dieser Knockout war um so bitterer, als Pluto nur einen Monat zuvor mit den höchsten Weihen der Klassikszene bedacht wurde. Da veröffentlichten Simon Rattle und die Berliner Philharmoniker eine Neuaufnahme der "Planeten" von Gustav Holst. Nun war Pluto zur Zeit der Komposition aber noch gar nicht entdeckt. Bereits im Jahr 2000 hatte Colin Matthews dem siebenteiligen Holst-Zyklus um "Pluto, the Renewer" als Finale ergänzt, und Rattle, nie um eine pragmatische Lösung verlegen, übernahm dieses Stück für die CD: eine atmosphärisch schwebende und so rätselhafte wie kraftvolle Musik. Was vielleicht erklärt, dass Rattle im Gegensatz zu den Astronomen nie an den Planetenqualitäten des Pluto gezweifelt hat. Seine Einspielung ist nach wie vor im Handel erhältlich.

© SZ vom 17.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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