Frauen-Duo übernimmt Bayreuth:Das Schwester-Unternehmen

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Die Entscheidung für Katharina und Eva als neue Leiterinnen der Bayreuther Festspiele bedeutet ein "Weiter so - wie bisher". Das ist durchaus nicht abwegig - dennoch sind Reformen notwendig.

R. Brembeck

Nun hat das große Bayreuther Sommerlochtheater doch die zu erwartende Lösung gefunden: Die Halbschwestern Katharina und Eva Wagner werden als Nachfolgerinnen ihres 89-jährigen Vaters Wolfgang die neuen Chefinnen der Festspiele.

Der Patriarch hat seinen Willen bekommen: Wolfgang Wagner (links unten) mit den Töchtern Katharina (hinter ihm) und Eva (neben ihm). (Foto: Foto: dpa)

Damit geht eine gut zehnjährige Schmierenkomödie zu Ende, bei der es letztlich um eine Formalie ging: Ob der auf Lebenszeit bestallte Festspielchef Wolfgang auch noch seine(n) Nachfolger bestimmen darf oder nicht.

Wolfgang hat seinen Willen bekommen. Dass das Prozedere dabei undurchschaubar war und den Beigeschmack von Klüngelei aufwies, ist zwar bayerischer Eigenart geschuldet, trägt aber keineswegs zum Ruhm der Festspiele bei. Aber jetzt ist Ruhe, jetzt ist eine der leidigsten Kulturdiskussionen vom Tisch. Das zumindest ist ein Grund zum Jubeln.

Haben die Verantwortlichen in Bayreuth die richtige Entscheidung gefällt, indem sie das Intellektuellen- und Macherpaar Nike Wagner & Gérard Mortier ausgebootet haben? Eine Antwort darauf wird es wohl nie geben.

Versicherung gegen andere Wundertütenfestivals

Die Entscheidung für Katharina und Eva bedeutet jedenfalls ein "Weiter so - wie bisher". Sie ist ein durchaus nicht abwegiges Ja zu Bayreuth in der bisherigen Form, als ein auf den Sommer beschränktes Festival, das sich mit jährlich einer Neuproduktion auf die sieben großen Werke des Komponisten beschränkt. Ausweitungen, Zusatzfestivals und anderes, was zusätzliches Geld kosten würde und was in erster Linie die öffentliche Hand und die Freunde Bayreuths bezahlen müssten, sind damit erst einmal ausgeschlossen.

Programmatisch ist solch ein monoman auf Wagner eingeschränktes Festival die beste Versicherung gegen die anderen großen Wundertütenfestivals, die durchaus an Überfülle, Aktionismus und Ziellosigkeit leiden.

Diese Entscheidung ist aber auch als ein begrüßenswertes Ja zu verstehen zu jüngeren und/oder wagemutigen Regisseuren, wie sie in letzter Zeit in Bayreuth gearbeitet haben: Stefan Herheim, Christoph Marthaler, Christoph Schlingensief, Katharina Wagner.

Deren szenische Lösungen stoßen zwar nicht bei allen auf Gegenliebe. Aber die Kontroversen, die sie entzünden, sind das Lebenselixier Bayreuths. Nicht mehr gediegene, allgemein anerkannte Regiearbeiten - so es die überhaupt noch gibt - können Ziel des Festivals sein, sondern nur noch das Widersprüchliche, Unerwartete, nicht Passende, Visionäre. Das ist Bayreuth seinem Gründervater und dessen Vorliebe für Avantgarde schuldig.

Dass dieser Ausrichtung gern das Etikett der Spaßkultur umgehängt wird, ist verschmerzbar, zumal die genannten Regisseure über diesem Verdacht stehen.

Jeder von ihnen hat, mit unterschiedlichem Erfolg, seinen Wagner oft bitter ernst genommen - mehr als das vielleicht nötig gewesen wäre. Sie alle aber haben scharf konturierte Wagnerbilder geliefert, die weit davon entfernt sind, sich selbstgenügsam von den problematischen Wendepunkten der Partituren zu verabschieden. Und das ist durchaus viel.

Düstere Ausbeute bei den Sängern

Das große Defizit Bayreuths liegt derzeit im Musikalischen. Sicherlich: Es gibt Thielemann, Boulez hat triumphiert. Aber etliche Debüt-Dirigenten der letzten Jahre haben enttäuscht, und bei den Sängern sieht die Ausbeute an beglückenden Momenten noch düsterer aus.

Hier ist die neue Leitung massiv gefragt, vor allem die Sängerexpertin Eva. Denn so wichtig die Regie im Opernbereich mittlerweile geworden ist, bleibt doch die Musik die Basis aller Anstrengungen. Daran wird man das Duo Katharina und Eva letztendlich auch messen, genauso daran, ob sie den Umbau des bisher patriarchal geführten Hauses in einen modernen Opernbetrieb hinbekommen.

Eines aber sollte es nicht mehr geben: dynastische Kontinuität. Also wird der Stiftungsrat schon in ein paar Jahren die Bayreuth-Leitung erneut ausschreiben müssen - für alle.

© SZ vom 02.09.2008/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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