Frank Plasberg im Hauptprogramm?:Die ARD-Chaostage

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Die ARD blickt ratlos in den Wochenplan: Frank Plasberg verdient einen Platz im Hauptprogramm, nur wo kann man ihn unterbringen? Am Mittwochabend? Aber was macht man dann mit Harald Schmidt?

Christopher Keil

Es war einer dieser Tage für die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland, kurz: ARD, an denen Günter Struve sein wohliges Managerempfinden gerne auch körperlich mitgeteilt hätte. Struve, der 67-jährige Programmdirektor des Ersten, saß im Frankfurter Funkhaus des HR neben dem Saarländer Fritz Raff, derzeit Vorsitzender der ARD, und fragte: "Soll ich ihn küssen?"

Ratloser Blick in den Kalender: Bleibt noch ein Wochentag für den Frank-Plasberg-Talk übrig? (Foto: Foto: dpa)

Bevor er zur Tat schreiten konnte, rief Raff: "Da mach ich nicht mit." Anschließend verkündeten die zwei Herren noch, dass der WDR-Moderator Frank Plasberg (Hart aber fair) einen Sendeplatz im Hauptprogramm der ARD bekommen werde, in der Primetime.

"Nicht zufriedenstellende Willensbildung"

Seither sind sechs Wochen vergangen oder sechs Folgen "Hart aber fair" im dritten Programm des Westdeutschen Rundfunks, in denen Frank Plasberg durchschnittlich 1,66 Millionen Menschen bundesweit erreichte. Vergangenen Mittwoch waren es sogar 1,78 Millionen, mehr als bei Beckmann am späten Montagabend zuschauten (1,29 Millionen), mehr als dienstags Maischberger-Vertreter Wolf von Lojewski in der Stunde vor Mitternacht sehen wollten (1,36 Millionen).

Bei Plasberg ging es von 20.15 Uhr an um "Wohlstandsjugend im Saufkoma - wie viel Strenge braucht Erziehung?", also um ein klassisches Salonthema. Und der Moderator, der auch mit einem 15-jährigen Schulabbrecher plauschte, zeigte sich in freundlich-guter Form.

Das ist insofern interessant, als einige ARD-Intendanten dem angeblich so harten Journalisten Plasberg die Fähigkeit absprachen, eine politische Talkshow in der Rolle des Gastgebers zu leiten. Sie entschieden sich dann in der Frage der Christiansen-Nachfolge am Sonntagabend für Anne Will. Sie entschieden sich "einmütig", teilte Günter Struve damals mit. Und einmütig diskutieren sie bis heute, was ihr Versprechen, Plasberg mit noch einer Gesprächssendung im ARD-Hauptabend unterzubringen, wert ist.

Eine Entscheidung wurde bislang nicht getroffen, möglicherweise können sich die Intendanten am 2.April in Stuttgart einigen. Die Fernsehdirektoren schafften es Anfang dieser Woche nicht, was der Intendant des Bayerischen Rundfunks, Thomas Gruber, Donnerstag beklagte. Eine Pattsituation, ist zu hören, sei allerdings nicht entstanden, lediglich eine nicht zufriedenstellende Willensbildung. Noch fehlt wohl die ARD-wichtige Einmütigkeit.

Schmidt künftig eine Stunde?

Über den genauen Stand der Sendeplatzfindung mag Programmdirektor Struve nicht sprechen. Doch was zu erfahren ist, reicht, um festzustellen, dass die ARD-Lenker völlig unterschätzt haben, was ein zusätzliches Talk-Format in der Zeit zwischen Tagesschau und Tagesthemen verursacht: Chaos im Programmschema.

Nachdem der Montag (zu nah an Wills künftigem Polittalk) und der Donnerstag (wegen Konkurrenz zu ZDF-Illner) sowie der Freitag (freitags will der Zuschauer entspannen) ausgeschlossen wurden, steht nun der Mittwoch im Gespräch, 21.05 Uhr, 70 Minuten.

Ein feines Plätzchen, doch zu welchem Preis? Der TV-Film der Woche, ein jahrzehntelanger Fixpunkt am Mittwochabend, fiele auf Dienstag, von Dienstag auf Mittwoch würde dafür eine der beiden Dienstagsserien verlegt und ARD exclusiv auf 22.45 Uhr verschoben. Das wiederum bedeutet: Harald Schmidt käme nur noch einmal wöchentlich, donnerstags, dafür eine volle Stunde.

Das soll Stratege Struve dem Vernehmen nach schon immer gewollt haben. Was das alles mit Frank Plasberg zu tun hat? Man wird es bestimmt bald erfahren, aus einmütigem Munde. Überaschungen nicht ausgeschlossen.

© SZ vom 23.3.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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