Finanzkrise der US-Filmindustrie:Julia Erobert´s

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Der US-Filmindustrie laufen die Kosten davon: Die Studios müssen Stars wie Julia Roberts und Mel Gibson immer höhere Gagen bezahlen. Dabei laufen die Geschäfte immer schlechter, weil die teuren Stars keine Massen mehr in die Kinos locken.

Susan Vahabzadeh

(SZ v. 26.08.2003) - Seit "Pretty Woman" sind sich alle Männer sicher, dass die Sonne aufgeht, wenn Julia Roberts lächelt. Ein paar Herren wird es allerdings geben, denen es beim Anblick dieses Lächelns fröstelt - etwa den Produzenten ihres nächsten Films "Mona Lisa Smile", denn die haben ihr 25 Millionen Dollar dafür bezahlen müssen, dass sie mitmacht. Damit ist sie die einzige Frau in einem sehr exklusiven Klub. Mel Gibson war der erste, der vor einigen Jahren die Schallmauer durchbrach und 25 Millionen Dollar für einen Film bekam - inzwischen kosten Jim Carrey und Adam Sandler genauso viel, Tom Cruise und Tom Hanks sind sogar noch teurer. Das Studio Magazine will nun herausgefunden haben, dass inzwischen zehn Schauspieler Gagen von mehr als 25 Millionen Dollar verlangen können - ob es nun so viele sind oder nicht: Jeder, der auf dieser Liste steht, bekommt mindestens 20 Millionen, und auf ein paar Dollar mehr kommt es da gar nicht mehr an.

Keiner weiß irgendwas: Auch wenn die Hollywood-Produzenten die teuersten Stars wie Julia Roberts buchen (hier als "Erin Brockovich"), ist der Erfolg des Films noch nicht sicher. (Foto: N/A)

Es ist ein Ausdruck der Verzweiflung, wenn die Studiobosse so hohe Gagen bezahlen, denn an den US-Kinokassen wurde in diesem Sommer weniger Geld eingespielt als erhofft, die Kostenexplosion in der Produktion ist nicht aufzuhalten. Warum das Hollywoodkino auf teure Stars setzt, ist klar - man würde gerne eine alte Maxime austricksen: Nobody knows anything - keiner weiß irgendwas -, hat der Drehbuchautor William Goldman vor zwanzig Jahren geschrieben.

Der Satz gilt noch immer: Es gibt kein Rezept für einen Filmerfolg, also wäre es den Studios am liebsten, wenn der Film selbst bei der Vermarktung keine Rolle spielt. Die Blockbuster von heute sollen in den ersten zwei Wochen nach dem Start möglichst viel Geld einspielen, so schnell also, dass unzufriedene Zuschauer noch nicht überall herumerzählt haben, dass das groß angekündigte Action-Spektakel in Wirklichkeit eine lahme Ente ist. Alle Macht der Werbung - das ist die neue Maxime, und die macht man am besten mit einem Lächeln, das jeder kennt, mit einem Star, der in jede Talk-Show eingeladen wird.

Auf Filme kann man sich nicht verlassen. Es passiert den Produzenten immer wieder, dass sie glauben, alle richtigen Ingredienzien für einen Kassenknüller vermengt zu haben: den richtigen Regisseur, Stars in Höchstform, ein gutes Drehbuch. Und am Ende stehen sie doch verblüfft mit einem Flop da. Ein aktuelles Beispiel ist Harrison Fords neuester Film "Hollywood Cops", der bei uns im September anläuft: eine vergnügliche Krimi-Komödie, solide inszeniert, die Kritiken waren gut, und dennoch hat der Film in sechs Wochen in den US-Kinos noch nicht einmal die Hälfte seiner Produktionskosten von 75 Millionen Dollar eingespielt. Das verstehe, wer will - die Produzenten von "Hollywood Cops" haben gedacht, das Ding sei eine sichere Bank.

Harrison Ford ist zwar ein großer Star- aber der Durchschnittszuschauer geht noch zur Schule und findet den Mann schlicht ein wenig zu alt, um sich seinetwegen ein Ticket zu kaufen. Das Gegenbeispiel wäre "Bad Boys II" mit Will Smith und Martin Lawrence: Der Film hat 46 Millionen in der ersten Woche eingespielt, nur noch 22 Millionen in der zweiten und 12 Millionen in der dritten - der Film, eine relativ inhaltsschwache Aneinanderreihung von Gags, Verfolgungsjagden und ekeligen Spielereien mit Leichenteilen, hat die Publikumsgunst zwar verloren, als sich herumgesprochen hatte, dass er die Versprechen der Werbung nicht einlösen kann, aber bis dahin hatte er immerhin schon 80 Millionen Dollar eingebracht.

Hier erkennt man dann aber auch schon den Fehler im System. Für einen Film wie "Bad Boys II" sind 80 Millionen Dollar nämlich nicht genug. Er war wesentlich teurer als "Hollywood Cops": 130 Millionen Dollar. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Martin Lawrence und Will Smith jeweils 20 Millionen Dollar für ihren Auftritt bekommen haben - und Smith bekommt noch 20 Prozent der Einnahmen obendrauf. Und wie hoch der Werbeetat war, behält das Studio aus gutem Grund für sich, die Ausgaben dürften jedenfalls weit jenseits des Durchschnitts gelegen haben. Man muss kein Rechenkünstler sein, um zu merken, dass ein solcher Film sehr viel Geld einspielen muss , um ein gutes Geschäft zu sein. Und dann gibt es da noch ein Problem: Die Werbekampagnen sind teuer. Der zweite Posten neben den Gagen, die die Kosten hoch getrieben haben, sind die Marketingetats: 20 Millionen Dollar sind heute an der Tagesordnung.

Und das alles, obwohl die Stars genauso unzuverlässig sind wie die Filme. Julia Roberts hat im vergangenen Jahr für zehn Prozent ihrer üblichen Gage mit George Clooney "Geständnisse - Confessions of a Dangerous Mind" gedreht: einen großartigen Film, aber zu Erfolg hat sie ihm nicht verhelfen können. Die Produzenten waren so entgeistert, dass sie den Film vergangene Woche mit ein paar Kopien noch einmal herausgebracht haben, auf die altmodische Art. Was das Kino betrifft, weiß eben keiner irgendwas.

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