Filmtipp des Tages:Ein Diktator im Gepäck

Um ihr Comic-Buch "Bosnian Flat Dog" zu bewerben, reisen die schwedischen Zeichner Max Andersson und Lars Sjunnesson quer durchs ehemalige Jugoslawien. Im Gepäck: eine zombiehafte Puppe von General Tito, selbst gebastelt aus Styropor und Pappmasché, ausstaffiert mit einer alten DDR-Uniform, Sonnenbrille und Zigarette. So fahren die Zeichner und Tito mal mit dem Zug, mal mit dem Auto. Unterwegs treffen sie auf Grenzposten, die die Gelegenheit für ein Fotoshooting nutzen, kaufen Souvenir-Granathülsen und entdecken in ausgebombten Wohnungen Kunstgalerien. Aus der Promo-Tour wird ein Kunst- und Geschichtshappening über den Diktator Tito und den Zerfall Jugoslawiens. Das Fazit von Andersson und Sjunnesson: Die Realität ist merkwürdiger als die Fiktion.

Entstanden ist ein originelles Crossover aus Dokumentation, Roadmovie und Animationsfilm mit Hang zur Satire. Der experimentelle Film dokumentiert die Reise in einer collagenhaften Bildsprache aus betont primitiven Schwarz-weiß-Animationen, Interviews und skurrilen Happenings. Dabei gelingt es Andersson das dunkle Kapitel südosteuropäischer Geschichte mit Humor und Komik zu dokumentieren und kommentieren, ohne in Klamauk oder Trash zu rutschen. "Tito on Ice" ist tragisch, poetisch und komisch. Diese ungewöhnliche Kombination brachte den Filmemachern beim Ottawa International Animation Festival und beim Corfu Animation Festival Preise ein.

Tito on Ice , Regie: Helena Ahonen/Max Andersson, Werkstattkino, Fraunhoferstr. 9, 18. bis 20. Juli, 20.30 Uhr und 24. Juli, 16.15 Uhr, titoonice.wordpress.com, 260 72 50

© SZ vom 18.07.2016 / karb - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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