Filmstädte: Berlin vs. München:Ein Mythos lebt auf

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Immer mehr Filme werden in der Bundeshauptstadt hergestellt - fast hat man den Branchenprimus München eingeholt. In den beiden Filmstädten haben sich auch unterschiedliche künstlerische Strömungen entwickelt.

Philip Grassmann

Es ist noch nicht so lange her, da lebte die Filmstadt Berlin vor allem vom Mythos alter Namen. Ufa, Defa und das Studio Babelsberg standen für eine große Vergangenheit. Die Berliner Wirklichkeit sah dagegen ziemlich kümmerlich aus: München, Nordrhein-Westfalen und Hamburg dominierten das Geschäft.

Berlins Filmindustrie rückt ins Rampenlicht. (Foto: Foto: dpa)

Doch das war einmal. Denn inzwischen boomt der Film in der Hauptstadt. Pro Jahr entstehen rund 300 Kino- und TV-Filme. In der Branche machen rund 13 000 Angestellte etwa 1,3 Milliarden Euro Umsatz. Berlin hat zur einst unumstrittenen Filmhauptstadt München aufgeschlossen.

Zahlenmäßig liegt die bayerische Hauptstadt mit 158 000 Beschäftigten in der Filmindustrie zwar immer noch leicht vorne. Aber schon bei der Zahl der Filmproduktionsfirmen gibt es mit jeweils rund 3000 Unternehmen kaum noch Unterschiede. Es folgen abgeschlagen Nordrhein-Westfalen (2000) und Hamburg (1200). "Wir liefern uns mit München ein Kopf-an-Kopf-Rennen", sagt Kirstin Niehuus, seit 2004 Geschäftsführerin des Medienboards Berlin-Brandenburg.

Auch bei der Filmförderung, deren Gelder vom Medienboard vergeben werden, muss man sich nicht vor der Konkurrenz verstecken: 2006 flossen insgesamt 26,1 Millionen Euro in 245 Projekte. Der FilmFernsehFonds Bayern hat 23,4 Millionen Euro verteilt.

Realismus und Kassenschlager

Doch nicht nur Geld und Standortmarketing spielen in diesem Konkurrenzkampf eine Rolle. Es geht auch um verschiedene Strömungen, die inzwischen unter Berliner beziehungsweise Münchner Schule firmieren. In den vergangenen Jahren hat sich in der Hauptstadt eine sehr lebendige Filmszene etabliert, die vor allem politische und harte, realistische Filme hervorgebracht hat. In München orientriert man sich dagegen eher am Kassenerfolg. Dort produziert man lieber eine Fortsetzung, als dass man ein Wagnis eingeht.

Dabei sind die Grenzen mittlerweile durchlässig. Die Münchner Produktionsfirma Constantin hat mit Tom Tykwer ("Das Parfum"), Oskar Roehler ("Elemantarteilchen") und Leander Haußmann ("Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken") Regisseure verpflichtet, die aus Berlin stammen. "Die Unterschiede verwischen inzwischen", sagt Kirstin Niehuus. "Besonders erfolgreich ist es, wenn diese beiden Strömungen zusammenkommen."

Auf der Berlinale dominieren indes Berliner Filme: Mit "Yella" und "Die Fälscher" kommen beide deutschen Wettbewerbsbeiträge aus der Hauptstadt. Insgesamt sind 14 Filme, die das Medienboard gefördert hat, auf dem Festival vertreten.

Es geht allerdings bei der innerdeutschen Konkurrenz schon lange nicht mehr nur um heimische Filme. Millionenschwere Hollywood-Produktionen suchen immer öfter nach europäischen Drehorten. Das Team des US-Films "Bourne Ultimatum" (Budget: 100 Millionen Euro) war gerade fünf Tage zu Dreharbeiten in der Hauptstadt.

Hauptsächlich aber wird der Film in Großbritannien hergestellt. Denn: "Der Kontinent ist für uns eine attraktive Alternative, weil England so extrem teuer geworden ist", sagt Bourne-Produzent Pat Crowley. Den nächsten Bourne-Teil will er ganz in Berlin drehen.

© SZ vom 8.2.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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