Filmkritik:Wer's glaubt

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Mit "Signs - Zeichen" setzt M. Night Shyamalan seine Geschichte des transzendentalen Kinos fort

FRITZ GÖTTLER

Schon immer hatten die Men in Black markante Auftritte im amerikanischen Kino - die Kirchenmänner, die Pfarrer und Prediger der diversen Religionen und Sekten. Ward Bond haben wir mit weißem Kragen erlebt bei John Ford, Montgomery Clift bei Hitchcock und Robert Mitchum natürlich, in "Night of the Hunter". An dieses Horrormärchen vor allem erinnert nun "Signs", der neue Film von M. Night Shyamalan, durch seine hiobeske Stimmung zwischen Ergebung und Verzweiflung, durch die Art, wie er die Mysterien des amerikanischen Hinterlands beschwört.

(Foto: SZ v. 12.09.2002)

Transcendental style hat Paul Schrader diese Art des Filmemachens genannt, die sich mit dem Ab- und Jenseitigen der menschlichen Existenz befasst: "Spirituelle Kunst muss immer im Flux sein, weil sie ein größeres Mysterium darstellt, das ebenso im Flux ist, des Menschen Beziehung zum Heiligen ..."

Gerade Actionhelden sind ziemlich fit für diesen transzendentalen Stil im Kino, weil sie im Handeln unaufhörlich in Bewegung sind, ihre Beschränkungen und ihre Grenzen ignorieren. Mel Gibson ist seit Menschengedenken, seit seiner Mad-Max-Zeit, Spezialist für Rückzugsgefechte, und er hat in seinem vorigen Film "Wir waren Helden" eine lange Szene kirchlicher Andacht bravourös zelebriert - bevor er loszog in die erste amerikanische Schlacht nach Vietnam, wo er dann schnell zum neuen Custer wurde.

Auch in "Signs" tritt er auf als ein Geschlagener, ein loser im Angesicht seines Herrn, der hochschreckt aus seinen Träumen, der einsam und verloren dasteht in den dunklen Räumen und leeren Gängen seines Hauses: ein Geistlicher, der seinen Glauben verlor und seine Profession aufgab, weil seine Frau ums Leben kam bei einem schaurigen Verkehrsunfall. Ein Phantom ist dieser Graham Hess, den die Leute in der Stadt grausam weiter mit "Father" anreden, der sich abquält mit den Erinnerungen, für die sein Haus zum monströsen Resonanzraum wurde - einsam steht es inmitten weiter Kornfelder, die keiner zu ernten gedenkt.

Zwischen Graham und seinen Gott hat der Regisseur eine weltweite Attacke von Aliens eingebaut, gradliniger, konzentrierter Kino-Suspense - wobei das intensivste Spannungsmoment von draußen kommt, über Erinnerungen an jenes Drama in den Lüften über den Wäldern von Pennsylvania, das in diesen Tagen das Gemüt der Amerikaner bewegt. Was eine Erklärung wäre, womöglich, dass dieser Film, der mit aller Bescheidenheit daherkommt und ohne jede Insignie eines Blockbusters, einer der unerwarteten Erfolge des US-Kinosommers wurde.

Wie eine Wüste wirken die riesigen Felder, aber nicht Gott ist es, der seine Botschaften hier einschreibt, sondern die teuflischen Fremden: unerklärliche, undechiffrierbare Kornkreise tauchen hinter dem Hess-Haus auf, wo Graham mit seinem Bruder und seinen Kindern lebt. Die Restfamilie verbarrikadiert sich, der unsichtbare Terror draußen wächst.

M. Night Shyamalan ist am besten, wenn er Unglaubliches suggerieren kann - inzwischen weiß man, nach seinen zwei spektakulären Bruce-Willis- Vehikeln "The Sixth Sense" und "Unbreakable" -, dass nicht unbedingt Sinn- Volles dahinter stecken muss. Wie Hitchcock bastelt er seinen Suspense aus den Reststücken amerikanischer Lebensstile, und wie Hitchcock besteht er auf totaler Kontrolle - wobei man diesmal zudem Zeichen findet für eine diskrete Hommage an den alten Dreyer. Der war einer der Filmemacher, denen Schrader seine Einsichten zum transzendentalen Stil verdankte. Besonders schön und grausam und rührend ist in diesem Sinne die Szene, wenn Graham Abschied nimmt von seiner sterbenden Frau.

FRITZ GÖTTLER

SIGNS, USA 2002 - Regie und Buch:

M. Night Shyamalan. Kamera: Tak Fujimoto. Schnitt: Barbara Tulliver. Musik: James Newton Howard. Mit: Mel Gibson, Joaquin Phoenix, Cherry Jones, Rory Culkin, Abigail Breslin, M. Night Shyamalan. Buena Vista International, 106 Min.

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