Filmfest-Tipps:Wörter, Utopien

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Von Oliveira, Roehler, Trueba

HGB

"About suffering they never were wrong, the Old Masters", schrieb einst W. H. Auden, und vielleicht ist es genau dies, was auch die alten Meister des Kinos den jüngeren Regiestars voraus haben.

"Old-Master" John Huston. (Foto: Foto: Archiv)

In Under the Vulcano/Unter dem Vulkan inszeniert John Huston einen Totentanz, wie man ihn im Kino selten gesehen hat, nach dem Roman von Malcolm Lowry. Sein Held, Geoffrey Firmin, säuft sich im mexikanischen Cuernavaca von 1938 in den Untergang. Doch es geht nicht um das Krankheitsbild eines Alkoholikers, sondern um das Krankheitsbild der Welt. Und immer wieder sehen wir den schneebedeckten Vulkan, ein Bild des Eises über dem inneren Feuer.

John Huston war Jahrgang 1906. Nur zwei Jahre nach ihm wurde der Portugiese Manoel de Oliveira geboren; der 92-jährige Regisseur dreht immer noch Filme - je älter er wird, desto regelmäßiger. Wörter und Utopien (Palavra e Utopia) ist schon im Gestus einer Endabrechnung erzählt: Anno 1663 steht ein Priester vor der Inquisition und muss Rechenschaft ablegen über sein Lebenswerk. So müsste man altern dürfen wie Oliveira: Von Film zu Film scheint er gelassener und doch gleichzeitig auch temperamentvoller zu werden - von Resignation keine Spur!

Mit den Hoffnungen im deutschen Film ist das so eine Sache: Zu oft haben die jungen Regisseure nicht halten können, was ihr Debüt versprochen hatte. Eine der seltenen Ausnahmen ist Oskar Roehler, der sein Handwerk nicht an einer Filmhochschule gelernt hat. Sein erster eigener Kinofilm, Silvester Countdown (1997), erzählt auch von einer Lebensauffassung, nach der alles Spiel sein sollte. So wird das Leben aber ziemlich schwierig. Ob die zum Volksfest neigende Open-Air-Aufführung diesem Film dienen kann, wird man sehen.

Wenn die landläufigen Vorstellungen vom Iran alle stimmen würden, dürfte es einen Regisseur wie Mohsen Makhmalbaf gar nicht geben. Allerdings liegen Jahre zwischen seinem vorletzten und dem neuesten Film.

Kandahar erzählt von Grenzüberschreitungen, physisch und psychisch: Vom Weg einer jungen Frau, die aus Kanada kommt und über den Iran nach Afghanistan reist, aber auch von einer inneren Grenze, die das System der Taliban-Milizen von der Welt mehr und mehr trennt. Gleichzeitig riskiert Makhmalbaf in diesem Film Rückkoppelungen in Richtung Iran, weil Vergleiche und Analogien nicht ausbleiben können.

Das Filmemachen als Gaudi, als Gewaltakt und Fluchtbewegung: Obra maesta/Meisterwerk erzählt David Trueba, Autor und Bruder des Oscar- Preisträgers Fernando Trueba, von zwei Brüdern, die ein Musical drehen wollen, eine Art Partisanenproduktion auf Super 8. Und weil sie an die Präsenz von Stars als Allheilmittel glauben, zwingen sie eben einen zur Mitwirkung.

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