Film über den Fall Polanski:"Lebenslänglich für uns beide"

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Roman Polanski war 1978, am Vorabend seiner Verurteilung in einem Vergewaltigungsprozess, aus den USA geflohen und ist nie dorthin zurückgekehrt. Jetzt versucht ein Film die Rekonstruktion des Falls.

Susan Vahabzadeh

Es werden ziemlich erstaunliche Dinge gesagt in dem Dokumentarfilm "Roman Polanski: Wanted and Desired" von Marina Zenovich. Es geht um den Prozess gegen Polanski, der 1977 wegen Vergewaltigung festgenommen wurde und sich schließlich der Unzucht mit Minderjährigen schuldig bekannte.

Hat die Mitarbeit an dem Dokumentarfilm über seine Person verweigert: Roman Polanski. (Foto: Foto: Reuters)

Polanski hat die Mitarbeit am Film verweigert, aber sein Opfer, Samantha Geimer, damals 13 Jahre alt, spricht - eine kluge, stolze Frau ohne Rachsucht, die sehr nüchtern erklärt, weshalb es sie keineswegs wundert, dass Polanski damals abgehauen ist, statt seine Verurteilung abzuwarten.

Und das, was David Wells, damals am Gericht angestellt, sagt, findet vor allem Polanskis Anwalt erstaunlich - er will eine Einstellung des Verfahrens wegen Fehlverhaltens beantragen. Es geht um das, was Geimer, mit ihrem Verständnis für die Flucht, meint - ihr wurde ihr Recht versagt und Polanski ein fairer Prozess.

Polanski war 1978 am Vorabend seiner Verurteilung aus den USA geflohen, und er entzog sich vor allem der großen öffentlichen Inszenierung, die der Richter Lawrence Rittenband aus dem Prozess gemacht hatte. Er sei nicht wirklich süchtig nach der Gesellschaft von Prominenten gewesen, sagt eine seiner Mitarbeiterinnen im Film über Rittenband.

War er aber wohl doch - um den Polanski-Fall hatte er sich beworben, wie auch um die Scheidung von Elvis und um Brandos Sorgerechtsstreit, er sonnte sich auch privat gern im Glanz seiner berühmten Nachbarn in Los Angeles - man nannte ihn "Judge of the Stars".

Den Prozess führte er entsprechend - zerrte so viel ans Licht der Öffentlichkeit wie möglich, warf Absprachen über den Haufen, weil er um seine gute Presse fürchtete und schaffte es schließlich, dass Staatsanwalt und Verteidiger gemeinsam versuchten, ihm das Handwerk zu legen.

Es geht in "Wanted and Desired" nicht darum, was Polanski angestellt hat - nur unter dieser Voraussetzung hat Geimer bei dem Film mitgemacht; was vorgefallen ist, sei nur noch eine Sache zwischen ihr und Polanski, sagt sie. Es geht um das Recht, und darum, dass keine Gerechtigkeit zustande kommt, wenn man es beugt, egal in welche Richtung.

Der Gerichtsangestellte Wells war für den Polanski-Fall gar nicht zuständig und gibt im Film voller Furor zum Besten, wie er auf den Richter eingeredet habe, Polanski in den Knast zu schicken, ihn auf veröffentlichte Fotos aufmerksam machte, die Polanski beim Oktoberfest in München zeigten, als der Richter ihm eine Europareise zum Drehen gestattet hatte: "Richter, sagte ich, schauen Sie sich das an. Das ist eine Beleidigung."

Einige Wochen Haft hat Polanski damals abgesessen, er kann nicht mehr in die USA einreisen, für Geimer Strafe genug - sie findet ohnehin, so wie die Dinge gelaufen sind, "ist es lebenslänglich für uns beide".

Eine Show, seine Show, habe Rittenband aus dem Prozess gemacht, "und in der wollte ich nicht mehr mitspielen". Es wäre übrigens schon der zweite Versuch, die Sache zu einem Ende zu bringen seit dem Tod des Richters Rittenband 1993 - der erste, damit endet "Wanted and Desired", scheiterte an seinem Nachfolger. Der bestand darauf, die Verhandlung im Fernsehen übertragen zu lassen - Geimer und Polanski haben darauf verzichtet, ihm diesen Auftritt zu verschaffen.

© SZ vom 18.07.2008/mst - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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