Am Ende braucht das Publikum ein paar Sekunden, bis es Frank Castorf und sein Team beim Schlussapplaus nach der "Götterdämmerung" erkennt und das von eifrigem Beifall durchsetzte Buh-Gewitter einsetzt. Das Skandalon der heuer letztmals gezeigten Inszenierung war freilich weniger das Finale mit Hagen (fantastisch düster bassgewaltig: Stephen Milling) als heimlichem Helden, der zu Siegfrieds Trauermarsch auf einem Video im lichtdurchfluteten Wald spaziert und am Ende wie Johnny Depp in Jim Jarmuschs "Dead Man" aufgebahrt auf dem Wasser davon schwimmt, sondern der zweite Aufzug. Da hatte Castorf alles getan, um von der Hauptsache abzulenken, dass Brünnhilde (die wunderbar leuchtkräftige und enorm präsente Catherine Foster) als Beute vorgeführt wird und Siegfried, der sie in Gestalt Gunthers übel verraten hat, in einer gewaltig auskomponierten, hochdramatischen Schwurszene die Stirn bietet. Da wedeln die Mannen permanent wie beim Kindergeburtstag mit den Fähnchen der Siegermächte und werden auf Großleinwand übertragen. Gutrune (Allison Oakes) zickt eifrig über die Bühne rennend herum, weil der ihr versprochene Siegfried (vor allem anfangs ziemlich ungeschlacht: Stefan Vinke) offensichtlich eine andere hat. Dass und wie sie damit wechselseitig alle einschließlich ihres Bruders Gunther (kernig: Markus Eiche) gegen sich aufbringt, hat hohe komödiantische Qualität, lenkt aber eben zu sehr vom Wesentlichen ab.
Festspiele:Blondinen im Bentley
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Zum letzten Mal: Frank Castorfs "Götterdämmerung" in Bayreuth
Von Klaus Kalchschmid, Bayreuth