Erfolgreiches Festival:Hochkultur und höher hinaus

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Prestige, Preise, kühne Pläne: Die Bilanz des Dok-Fests München

Von Bernhard Blöchl, München

Mehr Zuschauer, weitere Spielstätten, starke Gewinnerfilme und eine kühne These - das Dok-Fest München und sein Leiter Daniel Sponsel ziehen ein positives, fast schon überschwängliches Fazit ihrer jüngsten Festivalausgabe. Laut Veranstalter kamen in den vergangenen eineinhalb Wochen knapp 43 000 Zuschauer, um Dokumentarfilme aus aller Welt zu sehen, 2016 waren es 37 960 gewesen. Ein neuer Rekord, schon wieder. Zum Vergleich: Die Besuchermarke bei "Dok Leipzig", dem älteren Branchen-Pendant, hat sich seit zwei Jahren auf 48 000 eingependelt, liegt also nicht mehr in unerreichbarer Ferne.

In München flimmerten 157 Filme aus 45 Ländern über die Leinwände, darunter 31 Welt- und 68 Deutschlandpremieren. In der Hauptkategorie "Dok-international" wurde "Nowhere to Hide" von Zaradasht Ahmed mit 10 000 Euro ausgezeichnet, ein sehr unmittelbares Werk, das zeigt, wie ein Krankenpfleger im Irak zum Flüchtling wird. Brisante Stoffe lagen auch in den Kategorien "Dok-deutsch" und "Dok-Horizonte" vorn: 5000 Euro bekam Elí Roland Sachs für seine Radikalisierungs-Studie "Bruder Jakob", 3000 Euro gingen an Ramona S. Díaz für "Motherland" über eine Armen-Geburtsstation auf den Philippinen. Den "Kino-Kino-Publikumspreis" gewann der niederländische Integrationsfilm "Miss Kiet's Children".

"Besonders freue ich mich über die Interdisziplinarität des Festivals", sagte Daniel Sponsel zum Abschluss. "Wir waren in der Bayerischen Staatsoper zu Gast, in den Kammerspielen und dem Volkstheater, im NS-Dokumentationszentrum und im Literaturhaus. Gemeinsam mit unseren Partnern haben wir die Wahrnehmung des Dokumentarfilms in der Kunst- und Kulturszene auf ein ganz neues Level gehoben. Der Dokumentarfilm ist in der Hochkultur angekommen." Diese These muss freilich erst etwas länger der Praxis standhalten, was man aber mit Sicherheit sagen kann nach zwölf Festivaltagen: Mit dem Ehrengast Georg Stefan Troller, dem die Retrospektive gewidmet war, hat das Dok-Fest einen respektablen Höhepunkt gesetzt. Und das "Virtual Reality Pop-up-Kino" im Loftcube vor der Pinakothek der Moderne erwies sich als spannende, erfolgreiche Erweiterung des Angebotsspektrums. Hier konnten Besucher mit speziellen Brillen 360-Grad-Dokumentarfilme sehen.

Und auch für 2018 hat Sponsel Großes vor. So hat er bei der diesjährigen Eröffnungsfeier versprochen, mit seinem Festival künftig gleich an mehreren Tagen im Deutschen Theater zu gastieren. An Wachstumsideen und forschen Plänen mangelt es also nicht.

© SZ vom 16.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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