Eine kleine Nachtkritik: "The Next Uri Geller":Der Rabenvater, den wir verdienen

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Von allen urigen Gestalten, die uns Pro Sieben zur Uri-Geller-Nachfolge vorsetzte, hat ausgerechnet der komischste Kauz gewonnen. Eine kleine Nachtkritik zum Finale.

Ruth Schneeberger

"Heute ist alles etwas anders", verriet Moderator Stefan Gödde zu Beginn der finalen Show von "The Next Uri Geller" - wie sich später herausstellen sollte, war das durchaus als Warnung zu verstehen. Selten hat man Katja Flint in so einer traurigen Rolle gesehen, selten war Germany's Still Next Topmodel Lena Gercke so oft um Worte verlegen und wohl noch nie hat bei einem Contest auf derart unangenehme Art der Falsche den Sieg nach Hause getragen. Doch mit zerbrochenen Löffeln allein ist nach der achten Folge Mentalisten-Folter kein noch so gutgläubiger Zuschauer mehr hinter dem Ofen hervorzulocken. Also musste man sich etwas einfallen lassen.

Und das war die Außen-Wette - pardon, der Außen-Zaubertrick. Alle drei Finalisten, der unsägliche Rabenvater im verlebten Patrick-Swayze-Look, der Schwiegersohn-taugliche Nette-Kerl-von-nebenan-der-auch-noch-zaubern-kann Nicolai Friedrich und Ich-schieß-mir-eine-Nagelpistole-in-den-Kopf-und-muss- mich-dafür-bei-Uri-Geller-entschuldigen Farid bekamen diesmal einen Prominenten zur Seite gestellt, der sie bei ihrem Ausflug unterstützen sollte. Natürlich weigerte sich Lena Gercke nicht, in ein Flugzeug zu steigen, dass der Pilot angeblich blind steuert, nämlich mit einem schwarzen Sack über dem Kopf.

Mit einem schwarzen Sack über den Kopf hätte man dann besser auch den Rest der Show verfolgt, denn was folgte, wurde nicht gerade glaubwürdiger. Farid ließ in Anwesenheit des aus irgendeinem Grunde "unbestechlichen" Erol Sander einen Plüsch-Hund zittern und Vincent Raven sich in einem Sarg, gesteuert von Schauspielerin Katja Flint, der man diesen Tiefpunkt ihrer Karriere nicht zugetraut hätte, dann doch nicht verbrennen. Dabei plauderte er nebenbei aus, dass er im 16. Jahrhundert ein Alchimist gewesen sei, der den Flammentod gefunden habe.

Tief empfunden

Wer sich von so viel Schmu und Pathos immer noch nicht verschrecken ließ, der musste einmal mehr Uri Geller ertragen, wie er die Zuschauer "ganz nah" an ihre Bildschirme lockte und ihnen versprach, sie mit ihren lieben, aber leider toten Anverwandten zu verbinden. Er mache das zum ersten Mal, was dabei herauskomme, könne er auch nicht sagen. Dafür sollten die Zuschauer, die "etwas gespürt haben", bei Pro Sieben anrufen und berichten. Die Moderatorin forderte auch diejenigen zum Anruf auf, die nur "etwas besonders tief empfunden" haben. Besonders tief empfunden werden einige Zuschauer angesichts dieser schamlos blöden Telefongebühreneintreiberei haben - nur bestimmt nicht das, was man bei Pro Sieben hören wollte.

Aber vielleicht sind auch alle schlechten Tricks, das unvergessene Blutwunden-Imitat auf Vincent Ravens Brust, das Raben-Kauderwelsch, das er mit seinem "Geisterraben" austauscht, die vorhersehbaren Prophezeiungen (natürlich wählt die sonnige Lena Gercke unter den Tarot-Karten, die man ihr vorlegt, weder Tod, noch Verderben, sondern die Sonne, das hätte aber außer Vincent Raven auch jeder andere voraussagen können), noch nicht schlecht genug.

Angst

Denn Nicolai Friedrich musste als Erster gehen, und auch Farid konnte nicht damit überzeugen, dass er eine prophetische Anzeige in der Bild-Zeitung geschaltet hatte. Nein, es war der unheimliche, bisweilen asthmatisch röchelnde Rabenmann, der den Sieg davontrug und sich demnächst mit internationalen "Mentalisten" um Gellers Nachfolge streiten darf.

Das Schlimmste daran: Angeblich haben die Zuschauer ihn gewählt. Offenbar hat er sie mit seinem Zauberermantel, der krächzenden Stimme, dem inkontinenten Raben, den vielen Fackeln und seiner Jenseits-Tour am schönsten hinters Licht geführt. Und sich nicht davon beeindrucken lassen, dass das Internet voller Videos und Blogs ist, die seine Vorführungen als das entlarven, was sie sind: schlechte, aufgeblasene Tricks. Doch wie sagte Detlef D. Soest so schön? "Der macht mir Angst." Und so bekommen wir am Ende eben den Rabenvater, den wir verdienen.

Übrigens: Zum Schluss durfte noch verkündet werden, dass Pro Sieben "auf jeden Fall" eine Fortsetzungs-Show plant. Das haben wir nun davon: Wir schauen gleich mal nach, ob wir noch alle Löffel im Schrank haben.

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