Der tägliche Wahnsinn:"Friss oder stirb"

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Die wichtigste Regel hat Sänger Campino selbst aufgestellt: "Es gibt keine. Wir wollten einen Einblick in das Chaos geben, das uns umgibt." MTV Deutschland wird das wahre Leben der Hosen filmisch verfolgen. Zufällig heißt die Sendung so, wie deren neues Album.

Von Christopher Keil

Über die Beatles war einiges bekannt, auch deshalb, weil sie Filme wie Yeah!, Yeah!, Yeah! und Help! inszenierten. Die Vier ließen sich in einer Limousine zu vier Häusern (in einer Reihe) fahren, verabschiedeten sich und trafen sich umgehend im Gemeinschaftsraum.

Heute würde man das alles noch reeller, lückenloser bebildert sehen. So, wie bei: The Osbournes. Die seltsame Familie des ehemaligen Black-Sabbath-Frontmannes Ozzy, der mit Gattin Sharon und seinen beiden missratenen Kindern in einer total verkabelten Fernsehwohnung haust, macht bei MTV gute Quoten.

Der deutsche Ableger des Clip-Kanals bietet nun das wahre Leben der Toten Hosen aus Düsseldorf an. JKP, das Management der Gruppe, verspricht Intimes. Beispielsweise haben Kameras das Entstehen des aktuellen Albums aufgezeichnet. Und so wie das aktuelle Album wird die zunächst auf zwei Staffeln und 22 Folgen begrenzte Abend-Show zufälligerweise heißen: Friss oder stirb.

Dokument des täglichen Wahnsinns

Im Wesentlichen vermuten die MTV-Entscheider, dass Friss oder stirb Programm sein könnte, das auf denkbar einfache Weise Entertainment und Musik verbindet.

Die kleine Schwäche, dass der Zuschauer die Toten Hosen schon ganz großartig finden muss, weil 22 halbstündige Episoden ansonsten tote Zeit werden, macht das Format sympathisch. Es handelt sich ja doch um Zielgruppen-TV.

Man ist gespannt auf den dokumentierten "täglichen Wahnsinn" (Management-Newsletter), den Campino, Breiti, Kuddel, Andi und Ritchie verbreiten. Die wichtigste Regel stellte Sänger Campino auf: "Es gibt keine. Wir wollten einen Einblick in unser Leben geben, in das Chaos, das uns umgibt, und wie wir mit dem Musik- und TV-Zirkus umgehen, der uns ständig begleitet."

Es ist mit gefilmten Selbstversuchen beim Golfen, beim Aufstehen und im Backstagebereich eines Konzertes zu rechnen. Produziert wird Friss oder stirb von: Die Fernsehmacher - das sind Johannes B. Kerner und der Redaktionsleiter seiner ZDF-Show, Markus Heidemanns, der mit zehn Prozent an Kerners TV-Firma JBK beteiligt ist. Die Fernsehmacher gehört den Partnern zu gleichen Teilen.

Traummann gesucht

Friss oder stirb ist nicht ihr erster Auftrag. Das Duo aus Hamburg stellt auch für Sat1 familiäres Fernsehvergnügen mit Kai Pflaume her: Sie sucht den Traummann stellt eine Frau auf die Probe, die sich für einen Kerl zu entscheiden hat.

Zur Auswahl stehen sechs Kandidaten, drei sind allerdings schwul. Wenn Sie am Ende einen der Schwulen nominiert, bekommt der die komplette Gewinnsumme. Ist der Glückliche heterosexuell, teilt sich das Pärchen die Prämie, darf in den Süden jetten und probieren, ob es tatsächlich mit der Liebe klappt.

Angelegt ist die für den späten Herbst ausgerufene Veranstaltung auf zwei Zweieinhalb-Stunden-Sendungen. Heidemanns überzeugte Sat1, dass Sie sucht den Traummann mit seiner schwulen Grundierung im Trend liege. Das könnte der televisionäre Anfang einer Entwicklung sein, die im Privatleben von Guido Westerwelle längst ihren Höhepunkt fand.

© SZ vom 11.8.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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